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„Laßt die BürgerInnen endlich in Ruhe!“

– Ein offener Brief an die politische „Elite“ –

Einverstanden, meine Damen und Herren, Sie bleiben bei der Behauptung, Ihnen ginge es nur um den Bürger; für ihn fühlten Sie sich verantwortlich – und das natürlich Tag und Nacht. Auch wenn ich Ihnen kein Wort glaube und Ihnen nach wie vor unterstelle, daß Sie diesen Beruf ergriffen haben, um Ihre eigenen Minderwertigkeitskomplexe zu kompensieren und die graue Bedeutungslosigkeit Ihres Seins auf diesem Wege zu kolorieren; sich auf diesem Wege in die Clique der Prominenten schmuggeln wollten, weil es zum Popstar, Künstler oder kompetenten Vertreter in einem normalen Beruf nicht gereicht hätte; Sie auf diesem Wege ein bißchen vom Kuchen der Macht naschen möchten. Lassen Sie endlich den redlich seinen Lebensunterhalt verdienenden Bürger zufrieden!

Ich gestatte Ihnen gerne, sich mit den Ihnen von Ihrer jeweiligen Partei leihweise zur Verfügung gestellten Schäufelchen und Eimerchen auf dem Spielplatz der Politik zu tummeln, sich gegenseitig mit Sand zu bewerfen und dabei wild zu gestikulieren oder die jeweilige Partei-meinung mehr oder weniger sprachlich geschickt abzusondern. Doch gestatten Sie uns, den Bürgern, Ihnen jegliches Vertrauen zu entziehen, Sie schlichtweg nicht (mehr) ernstzunehmen und Ihnen buchstäblich jeden Schwachsinn zu unterstellen, auch wenn Sie damit Ihre politische Daseinsberechtigung tagtäglich unter Beweis zu stellen versuchen.

Aber beschränken Sie doch Ihr Tun und Treiben bitte auf den jeweiligen Sitzungssaal und die Kneipen, die Sie nach Ihrem wortreichen und sinnleeren Getöse frequentieren. Lassen Sie doch den Sie finanzierenden Normalbürger endlich in Ruhe. Bundes- und Landtage entpuppen sich immer mehr als Gremien frecher Hirn- und Hilflosigkeit, arroganter Anmaßung und bedenken-loser Verschwendung – blind für die Realität, die notwendigen Bedürfnisse des Volkes, also derer, die Ihnen noch immer in irrer Naivität glauben, trauen zu dürfen. Ihre parlamentarischen Lügenmärchen kann man zumeist nur als verbale, pseudo-intellektuelle Umweltverschmutzung bezeichnen, aber davon haben wir längst die Nase voll. Natürlich meinen Sie es mit Ihren Gesetzen und Verordnungen nur gut – hauptsächlich sich selbst und Ihren Karrieren. Aber hören Sie damit auf, uns vom ersten Schrei bis zum letzten mit Ihrer „christlichen“, „sozial(istisch)en“ oder „liberalen“ Benevolenz zuzuschütten. Sie gehen uns mit Ihrem Gesetzes- und Ordnungswahn allmählich auf die Nerven; treiben Sie es nicht auf die Spitze! Nur ein Idiot glaubt Ihnen doch heute noch das Märchen von der parlamentarischenDemokratie“. Wie lange – pro Tag/Jahr und bis in welches Alter – wir arbeiten, mit wem wir welche Verträge welchen Inhalts abschließen, welchen Gästen ein Wirt sein Lokal als Nichtraucher, Vegetarier oder Anti-Alkoholiker öffnet; all das geht Sie einen feuchten Kehricht an. Wir halten Sie und Ihre Privilegien sattsam aus und vor, unterstehen Sie sich jedoch, unser Geld auch noch für völlig Sinnwidriges oder dem Grundgesetz entgegenstehende Allüren zu verschwenden. Sie kennen die Zahlen ganz genau: Eindeutige Mehrheiten waren gegen die Einführung des Euro, die Rechtschreibreform, die Erweiterung der EU und jüngst gegen die Tornadoeinsätze. Dann bekennen Sie doch öffentlich, daß Ihnen die Meinung des Volkes, der demos, völlig egal ist. Reduzieren Sie Ihre öffentlich-(un)rechtlichen Betriebsamkeiten, das Heer Ihrer Heloten und Vasallen! Ziehen Sie sich aus allem zurück, was Ihre Kompetenz schlicht übersteigt und wo Sie außer Kosten eigentlich per se nur Unsinn anstellen können! Geben Sie dem Bürger endlich die Mündigkeit und Freiheit zurück, von der Sie bislang nur hilflos stammeln oder großsprecherisch schwadronieren.

Seien Sie froh, daß Sie sich dem üblichen Konkurrenzkampf im Berufs- und Arbeitsleben nicht zu stellen brauchen! Bleiben Sie in Ihrem exotischen Spielplatz, in dem Sie – per Bannmeile abgeschirmt und in putziger Überheblichkeit – Ihrer Selbstherrlichkeit frönen können, aber lassen Sie die Menschen in Ruhe, bevor es denen zu bunt wird und sie Sie zum Teufel jagen. Ein Mindestlohngesetz kann keine Mindestqualifikation ersetzen, und es gibt nur eine Berufsgruppe, die ohne Mindestqualifikation auskommt – die der Politiker.

Sie haben den letzten Rest an Glaubwürdigkeit längst verloren. Also hören Sie auf, uns, den BürgerInnen, die Ihre Spielburg finanzieren, das Leben schwer zu machen und uns täglich mit neuen Auswüchsen Ihrer Pathologie unliebsam zu überraschen. Bleiben Sie unter sich, lassen Sie uns in Ruhe und behalten Sie gut im Hinterkopf: Sie brauchen uns, wir Sie hingegen in keiner Weise!

H.-W. Graf