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Trauer und Wut – zwei Schwestern

Beide sind Empfindungen, die wir unser Leben lang kennen. Das kleine Kind, dessen Wunsch – nach Süßigkeiten, einem Stofftier, nach einem Spiel oder einer Fernsehsendung – nicht erfüllt wird, empfindet Trauer, infolge des Zwangs, verzichten zu müssen, oder eben Wut (aus dem gleichen Grunde). Worin aber unterscheiden sich nun Trauer und Wut?
Nun, Trauer ist ein inverses, also nach innen gerichtetes Gefühl, wohingegen Wut sich nach außen richtet, also aggressiv gelebt wird. Unserem Wunsch wird also nicht entsprochen, unsere Erwartungshaltung wird ignoriert oder abgeblockt, und wir sehen keine Möglichkeit, uns dagegen zu wehren, unseren Wunsch erfüllt zu sehen, uns durchzusetzen.
Dieses negative Gefühl nach innen (Trauer) oder außen (Wut) resultiert also jeweils aus einer Enttäuschung, mit der wir uns konfrontiert sehen. Da diese Gefühle außerordentlich unangenehm sind, versuchen wir reflexartig, Andere für die Nichterfüllung unseres Wunsches verantwortlich zu machen und werfen den jeweils involvierten Menschen vor, uns enttäuscht zu haben. Doch hier liegt bereits der erste Trugschluß vor: Unsere Umwelt, die Personen unseres Vertrauens oder die Umstände mögen uns vielleicht getäuscht haben, unsere Erwartungen irregeleitet, vielleicht sogar Versprechungen nicht eingehalten haben – sie haben uns also getäuscht –, aber ent-täuschen müssen wir uns schon selbst.

Während ein kleines Kind jedoch kognitiv noch nicht in der Lage ist, die Hintergründe geistig zu durchdringen, die zu diesem Moment der Trauer oder Wut geführt haben (weil es zuallermeist noch von seinem Gefühlsleben dominiert wird), ist ein Jugendlicher schon weitaus eher dazu in der Lage, die Hintergründe seiner Trauer/Wut auch geistig zu erfassen.

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