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Hat sich der IWF verplappert?

Nachdem am vorigen Dienstag der Internationale Währungsfonds (IWF) in einem offiziellen Communiqué verlautbarte, er sehe in einer (einmaligen?) ‘Besteuerung der Vermögen Reicher eine vernünftige Lösung zur Entschuldung der Staaten‘ muß/darf/kann/sollte uns nichts mehr wundern. Interessanterweise haben wir (ehemals efv-AG) genau dieses Thema im Rahmen unserer jüngst in Stuttgart, Saarbrücken, München und Berlin abgehaltenen Vermögensverwaltungsforen thematisiert – für unsere Teilnehmer also keine große Überraschung. Banker verstehen nichts von Psychologie, Politiker nichts von Ökonomie und beide Gruppen teilen das Desinteresse an ihren Kunden/Wählern. Weder ließen die IWF-Granden anklingen, wen sie für ‘reich‘ hielten, bzw. an welche ‘Schamgrenze’ (pro Konto) sie zu denken beliebten, noch hat sich bislang auch nur ein Politiker vertrauenerweckend zu diesen Gedanken geäußert.
Wartet man nun ab, welche Reaktionen aus des Volkes Mitte kommen – um dann, wie ehedem Herr Juncker, einfach in die Tat umzusetzen, was nicht genügend Empörung hervorruft?

Natürlich sehen es Banker aus ihrem Selbstverständnis heraus nicht als ihre Aufgabe an, der Politik mit Lösungsvorschlägen an die Hand zu gehen. Umso unverständlicher mutet an, daß sie sich nun als Cundatoren* betätigen; vielleicht stellt dies einen vorfühlend benevolenten Kotau gegenüber den Politikern dar, die ihrerseits nicht den Hintern in der Anzugshose haben, dem Volk die Wahrheit (und deren bevorstehende Schrecken) einzugestehen; immerhin baumelt über Bankers Köpfen immer noch das Damoklesschwert einer Finanztransaktionssteuer. Das käme der Bankergilde schon mehr zupaß, wenn nicht ihre Gewinne abgeschöpft, sondern die Bürger um Teile ihrer Guthaben von den Politikern bestohlen würden.

Eins ist klar: Die derzeitigen Schuldenstände sind dauerhaft nicht zu tragen – selbst bei den derzeitig niedrigen Zinssätzen; umso weniger, wenn diese ihr Normalniveau (mehr als das Doppelte des heutigen) wiedererlangten. Zur Reduktion der Staatsschulden bestehen aber – an ein völlig neues Besteuerungssystem, wie wir es seit 37 (!) Jahren vorschlagen, wagt sich derzeit noch kein Politiker – wenig Alternativen: Steuererhöhungen, bewußt hochgetriebene Inflation (ohne Ausgleich durch Löhne, Gehälter, Renten und Pensionen), Leistungskürzung der Öffentlichen Hand, der Zugriff auf Bankguthaben oder das Abschöpfen von Gewinnen aus bestimmten “Güterklassen” (z.B. Banken, Erbschaften und Schenkungen, Immobilien, etc.). Intelligenteres, resp. das Hinterfragen der Sinnhaftigkeit und Überlebensfähigkeit des bestehenden Systems fiel noch keinem Politiker (egal welcher Couleur) bislang ein. Nun hat letzte Woche auch noch die EZB den Leitzins auf das Rekordtief von 0,25% gesenkt, was zwar den Banken trefflich zupaßkommt, die Sparer (und nachgerade die Lebensversicherungen) aber in noch größere Bedrängnis bringt; beide müssen höhere Risiken eingehen, um überhaupt noch (wenigstens) einen Inflationsausgleich für ihre Geldanlagen zu erzielen; von einem Realgewinn (vor allem nach Steuern) ist ohnehin keine Rede mehr.

Was bisher nur ‘Verschwörungstheoretikern’ zugeschrieben wurde – der Staat wird hemmungs- und schamlos auf die Guthaben seiner Bürger zugreifen – ist nun zur sehr praktischen ‘political correctness‘ mutiert; die “Katze” ist aus dem “Sack”.

Gönnen Sie sich doch mal das “Vergnügen”, Ihren örtlichen Bundestagsabgeordneten nach seiner Meinung hierzu zu befragen.
Wir haben eine ‘Märchen- und Lügenbox‘ im Büro aufgestellt – für all das, was Ihnen die Onkels und Tanten so erzählen werden.

H.-W. Graf


* Das waren im Altertum und Mittelalter die reitenden Boten der Herrscher, die den jeweils neuesten Ukas des Chefs an die Rathaustüren nagelten und dann dem (analphabetischen) Volk den Inhalt vorlasen (Negatives wurde weggelassen oder “narrativ” verfälscht), und vom lateinischen ‘cundare‘ (= verkünden, marktschreierisch anpreisen, hinters Licht führen, täuschen) kommt unser heute so entlarvend unbedacht verwendeter Begriff ‘Kunde‘!