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Die Abgeltungssteuer kommt

Die Spitzen von Union und SPD haben sich am Wochenende im Rahmen der Diskussion um die Unternehmenssteuerreform auch auf die Einführung einer Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge geeinigt. Die Abgeltungssteuer würde den gleichen Steuersatz auf Zins- und Dividendenerträge sowie Veräußerungsgewinne anwenden, zum Beispiel 25 Prozent.

Banken würden bei der Veräußerung von Wertpapieren prüfen, ob ein Gewinn angefallen ist, und die anfallende Steuer direkt an das Finanzamt abführen. Damit wäre die Steuerschuld des Anlegers abgedeckt, eine nachträgliche Feststellung der persönlichen Steuerschuld mit Verrechnung der gezahlten Steuer in der Steuererklärung wie bei einem Quellensteuerkonzept würde wegfallen. Dafür geopfert werden muß allerdings die Verrechnung von Spekulationsverlusten, was in der Vergangen-heit von den Gegnern der Abgeltungssteuer immer wieder kritisiert wurde. Steuerexperten gehen davon aus, daß mit der neuen Steuer wesentlich mehr Geld aus Kapitalerträgen als bisher in die Staats-kasse fließt.

Das Kabinett will die Eckpunkte, deren Einzelheiten noch nicht bekannt sind, bereits am 12. Juli beschließen. Die Gesetzgebung für die Unternehmenssteuerreform soll laut Regierungskreisen im Oktober dieses Jahres beginnen. Das entsprechende Gesetz soll bis Ende 2007 vorliegen.

Der Durchbruch ist geschafft, der deutsche Finanzmarkt wird in seiner Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, kommentiert Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsverbandes Bayern (GVB), den nächtlichen Beschluß der Koalitionsrunde. Götzl weiter: „Mit dieser von den bayerischen Volks-banken und Raiffeisenbanken lang ersehnten und geforderten Entscheidung schafft die Bundes-regierung Rahmenbedingungen, die mehr Steuergerechtigkeit und mehr Steuerehrlichkeit ermög-lichen. Sie baut mit diesem Beschluß Bürokratie ab und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Wiederherstellung des Bankgeheimnisses in unserem Lande. Denn das unsägliche Kontenabruf-verfahren wird mit der Einführung der Abgeltungssteuer in weiten Teilen überflüssig“, so Götzl.

Unser Kommentar:

So einfach, unbürokratisch und sogar sympathisch – das ‚Bankgeheimnis’ erlebte eine Renaissance – diese Idee klingt, so ungerecht und praktisch kaum durchführbar wäre dieses Vorgehen in praxi:

  • Zum einen: Warum sollten Gewinne versteuert, Verluste aber nur mit angefallenen Gewinnen verrechenbar sein?
  • Zum anderen: Wie will man einen de-facto-Gewinn errechnen, wenn ein Anleger zu mehreren Zeitpunkten (also unterschiedlichen Kurswerten) einbezahlt, dann vielleicht auch mehrmals Teilentnahmen tätigt? Sollte nämlich der Anleger in unterschiedlichen Fonds investiert sein, beließe er die gewinnbringenden im Portefeuille und trennte er sich nur von den Verlust-bringern, könnten diese Verluste nicht geltend gemacht werden (bzw. nur mit Gewinnen aus anderen Fonds verrechnen), seine Gewinne beließe er jedoch im Portefeuille – um sie dann mutmaßlich der Erbschafts- /Schenkungssteuer anheimfallen zu sehen.
  • Letztlich: Warum müssen Gewinne aus bereits versteuerten Geldanlagen versteuert werden, insbesondere dann, wenn der Staat zwar am Gewinn, nicht jedoch am Risiko beteiligt ist?
  • Hierbei beruft sich die Koalition auf vergleichbare Modelle aus den USA, Australien und UK. Stellte der Staat Kapitalanlagen, zumindest bis zu einer bestimmten Höhe, von der Einkommensteuer frei, sofern sie der privaten Altersversorgung dienen, ließe sich darüber reden – genau das tun die vorgenannten Länder –, nur das ist wiederum nicht geplant.

Kopieren, Frau Außenkanzlerin, heißt nicht automatisch Kapieren!

H.-W. Graf