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Für Sie gelesen – Wem dient Merkel wirklich?

Autor: David Korn
Verlag: FZ Verlag, München
Preis: € 12,90
Umfang: 128 Seiten
ISBN: 978-3-92409-76-3

 

Nach Lesen dieses Buches (oder besser Büchleins – 128 Seiten) stellt sich unweigerlich die Frage, warum es ein derart brillantes Kleinod an zeitgeschichtlicher Literatur nicht an die Spitze der ‚Spiegel’-Bestsellerliste gebracht hat, denn da gehörte es eigentlich dringend hin. Vermutlich ist die Antwort einfach: Weder die Mainstream-Medien noch die Strippenzieher im Hintergrund haben auch nur das geringste Interesse daran, ein derartiges Werk zu protegieren oder gar zum Kassenschlager zu machen. Viel zu deutlich wird – und das ist eines der Verdienste dieses Buches – in welchem Beziehungs-Netzwerk (vulgo: Seilschaften) und in welchem gesellschaftspolitischen Umfeld (vulgo: Sumpf) eine derartige „Blüte“ überhaupt erblühen konnte. Und hierbei spielen eben auch bedeutende Figuren aus der Medienwelt eine erhebliche (fragwürdige) Rolle. Aber auch darüber hinaus handelt es sich um ein in mehrerlei Hinsicht wirklich gelungenes Werk. Vor allem ist es dem Autor gelungen, neun (!) über Merkel bisher erschienene Biographien bzw. biographische Abhandlungen, mit allerlei frei zugänglichem Material – überwiegend aus den Mainstream-Medien der vergangenen Jahre – abzugleichen und somit ein erstaunlich scharfes Bild hinsichtlich der Figur Merkel herauszuarbeiten.

Er beläßt es jedoch nicht dabei, die Biographien schablonenhaft übereinanderzulegen, sondern stellt auch den Zusammenhang her, welcher Biograph mit welchem politischen Hintergrund (sich) seinen „Schützling“ beleuchtet hat. Die Aufdeckung der Widersprüche in Merkels öffentlichen Aussagen, was ihre eigene Gesinnung und Lebenserfahrung betrifft, ist ein letztlich äußerst sachliches Buch, wenngleich mit manchmal (sehr verständlich) ironisch-bitterem Unterton. Man braucht nicht gegen Merkel zu „hetzen“ – die Fakten sprechen für sich; das hat sich der Autor wohl auch so gedacht.

Schlüssig ergibt sich, daß Angela Kasner (Spitzname „Kasi“) in ihrem „früheren Leben“ – entgegen der späteren Legendenbildung – wohl kaum als „Widerstandskämpferin“ taugte; ganz im Gegenteil, die Pfarrerstochter war eine hartgesottene system- und linientreue Parteisoldatin, die in Wirklichkeit erheblich privilegiert war (auch ihr Vater war durchaus gut „im System“ etabliert, trotz oder gerade wegen seiner kirchlichen Funktion).

 

Beispiel:

Einer der Biographen, Prof. Langguth, gewann aus all seinen Recherchen sogar den Eindruck, daß Frau Merkel in der DDR „ihr (Widerstands-)Engagement nie soweit trieb, daß auch nur ein Hauch einer wirklichen Opposition spürbar gewesen wäre“. So läßt sich jedenfalls ziemlich sicher sagen, daß die Stasi tatsächlich keinen Hauch von ‚Widerstand’ verspürte. Daß Frau Merkel 1992 von einem Stasi-An­werbeversuch berichtete, der sich 1988 abgespielt haben soll, und wo sie im Treppenhaus der Hochschule von zwei MFS-Agenten eine halbe Stunde lang (u.a. mit Scheinwerfern) bedrängt worden sein soll, ändert nichts an der Tatsache, daß sie (lt. dem politisch links angesiedelten Biographen Matthias Krauß) mit 32 zur Hochzeit ihrer Cousine nach Hamburg reisen durfte – und dies als junge, geschiedene und kinderlose Ost-Berliner Akademie-Wissenschaftlerin mit kirchlichem Elternhaus! Nicht zum Bruder oder den Eltern, nein zu Freunden dritten Grades. Ganz offensichtlich hat Frau Merkel das in sie gesetzte Vertrauen auch nicht enttäuscht….

 

Derartige Widersprüche finden sich in allen Lebensphasen Merkels. Interessant in diesem Zusammenhang auch, daß ihrem zweiten Ehemann, Prof. Dr. Joachim Sauer, noch zu DDR-Zeiten (nämlich 1988 und 1989) für insgesamt sechs Monate ein Forschungsaufenthalt bei Prof. Reinhard Ahlrichs vom Institut für physikalische Chemie der Universität Karlsruhe genehmigt wurde.

Während die erste Hälfte des Buches also detailliert darlegt, daß sich die tatsächlichen Fakten mit den kolportierten Geschichten über die „Widerstandskämpferin“ Merkel (da gibt es wirklich jede Menge „netter“ Anekdoten) auch von den wohlgesonnensten Biographen nur schwer in Einklang zu bringen sind, ist der zweite Teil des Buches nicht weniger interessant.

Auch nach dem Mauerfall war ihre politische Beliebigkeit bereits weitestgehend manifestiert … „so bin ich mit meinem Chef Klaus Ulbricht auf Parteiensuche gegangen“ (O-Ton Merkel kurz nach der Wende). Ihre frühen Besuche in den USA (sie war wesentlich öfter in den USA im Urlaub als in der Uckermark) sorgten wohl dafür, daß sich schnell ein Faible für das US-dominierte West-Bündnis und die USA schlechthin entwickelte. „Amerika sehen. Kalifornien, San Diego“ war Merkels Antwort im Jahre 2000 in einem Interview mit der ZEIT auf die Frage, was ihr schönstes Erlebnis seit dem Fall der Mauer gewesen sei. Jedenfalls bekannte sich Frau Merkel schon viel früher dazu, daß auch das wiedervereinte Deutschland Mitglied der NATO bleiben müsse und stieß damit auf Verwunderung, denn immerhin äußerte sie diese Haltung schon als stellvertretende Pressesprecherin der letzten DDR-Regierung. Im Nachhinein war wohl selbst beim Irak-Krieg ausgemachten „Pro-Amerikanern“ wie Wolfgang Schäuble und Edmund Stoiber der Bushismus der CDU-Chefin zu weit gegangen. Kurz: Die Art der blitzschnellen Unterwerfung unter die Schutzmacht USA wirft ein bezeichnendes Bild auf die Wandlungsfähigkeit Angela Merkels.

Allerdings hat sie auch ihren früheren Schutzherrn, die Sowjetunion, dabei nicht ganz vergessen: In einem Interview in der ZEIT antwortete sie auf die Frage, ob der 8. Mai 1945 ein Tag der Niederlage oder der Befreiung gewesen sei: „Richard von Weizsäcker hat das seinerzeit ganz richtig gesagt. Es war ein Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, und zwar für alle … Zu denen, die uns vom Nationalsozialismus befreit haben, gehörte eben auch unbestreitbar die Sowjetunion“.

Die Geschichte(n) von „Kohls Mädchen“ bis zur Kanzlerin sind derart anekdotenreich (ohne dabei ins Banale zu verfallen), daß es einem durchaus die Sprache verschlagen (zumindest aber die Augen öffnen) kann, mit welcher Chuzpe sich eine offensichtlich von schieren Machtgelüsten getriebene Frau bis an die Regierungsspitze eines westlichen Industriestaates hochdienen kann.

Ihr kometenhafter Aufstieg innerhalb der CDU, ihre Rolle in der Schwarzgeldaffäre (Kapitel: „Zuckerpuppe aus der Schwarzgeldtruppe“), ihre Einstellung zu ihrem Herzensanliegen, der Schaffung eines supranationalen EU-Staates, die Beziehung zu ihren Förderinnen Liz Mohn (Bertelsmann) und Friedel Springer (Bild u.a.) sowie ihre sonstigen Beziehungsnetzwerke (Besuche bei den Bilderbergern, CFR u.a.), auch ihre Rolle im Fall Hohmann und bei der „Friedmann-Affäre“ (Angela Merkel war übrigens schon wenige Wochen nach dem Aufdecken dessen krimineller Taten bei einer sogenannten „Welcome-Back-Party“ dabei) sind allsamt höchst aufschlußreich. Praktisch jedes einzelne Kapitel beinhaltet hintergründige und interessante Informationen, die ein bezeichnendes Licht auf die erste Frau im Lande werfen. Wer noch Zweifel daran hat(te), ob der ein oder andere Kabarettist manchmal nicht doch etwas übertreibt – spätestens nach Lektüre dieses Buches wird klar, daß eher sogar das Gegenteil der Fall ist.

Frank Amann