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Wirbel um das Paffrath-Buch – Enteignungen

Wirbel um das Paffrath-Buch „Macht und Eigentum. Die Enteignungen 1945 bis 1949 im Prozess der deutschen Wiedervereinigung“

Der nachfolgende Artikel erschien am 31. März 2004 in der Magdeburger „Volksstimme“. Wir danken dem Autor, Herrn Dr. Klaus Peter Krause, sowie der „Magdeburger Volksstimme“ (Dr. Frank Kadell, Chefredakteurs derMagdeburger Volksstimme“ ) ganz herzlich für die Genehmigung, diesen Artikel im „Zeitreport“ weiterverbreiten zu dürfen.

Das vermeintliche Rückgabeverbot

– Worin die Täuschung wirklich bestand –

Kommentar zu den Enteignungen 1945 bis 1949:

Ende einer Lüge

Die Deutschen wurden getäuscht und Gorbatschow dazu benutzt. Kohl vor dem Bundestag 1991: „Der Fortbestand der Maßnahmen zwischen 1945 und 1949 wurde von der Sowjetunion zu einer Bedingung für die Wiedervereinigung gemacht.“ Gorbatschow 1998: „Für mich klingt es einfach absurd, wenn man mir unterstellt, ich hätte die Forderung nach Verbot der Restitution als Vorbe-dingung für meine Zustimmung zur Wiedervereinigung gemacht.“ Wer hatte Recht? Hier ein Artikel, dort eine Sendung, ansonsten Schweigen; die Kontroverse blieb. Das Buch „Macht und Eigentum“ von Constanze Paffrath läßt das Lügengebäude der Kohl-Regierung in dieser Frage nun endgültig, mit der Methode der Wissenschaft, zusammenbrechen.

Es hätte gute Gründe gegen eine Wiederherstellung der alten Zustände gegeben. Natürlich mußten Datschen-Besitzer oder Neusiedler geschützt werden. Soweit war etwas dran an dem Satz „Altes Unrecht darf nicht durch neues Unrecht ersetzt werden“. Auch ist die Auffassung des SPD-Frank-tionschefs der letzten Volkskammer, Richard Schröder, zu bedenken, in der DDR hätte es möglicher-weise einen Aufstand gegeben. Und schließlich hatte die Enteignung der ostelbischen Großflächen Deutschland sogar einheitlicher gemacht.

Wenn die Politik diese Fragen hätte regeln wollen, hätte sie auch Wege gefunden. Aber sie wollte gar nicht. Sie wollte nicht Recht und Gerechtigkeit, sondern die Einheit möglichst einfach finanzieren, und sei es durch Hehlerware. Von besonderer Pikanterie ist dabei, daß die Hauptbeteiligten um Kohl allesamt Juristen waren: Schäuble, Waigel, Kinkel, Herzog, Bohl, de Maizière. Sie haben Volk und Parlament getäuscht, den Geist der Verfassung gebeugt und auch dafür gesorgt, daß die beiden Bundesverfassungsgerichtsurteile von 1991 und 1996 unter dubiosen Umständen zustande kamen. Sie ließen es zu, daß am Anfang der Einheit eine Lüge stand und als Makel auf ihrem Lebenswerk lastet.

Dem damaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Roman Herzog, war nach dem zweiten Urteil 1996 eine vieldeutige Bemerkung herausgerutscht: „An dieses Urteil werden wir lange denken.“ Jetzt hat auch ihn die Wahrheit eingeholt.

Eine schwelende, noch nicht abgeschlossene Debatte ist neu entflammt. Es geht in ihr um die sogenannten Enteignungen der Jahre 1945 bis 1949 damals in der sowjetischen Besatzungszone. Den Zündstoff für das abermalige Aufflammen liefert das Buch der Politikwissenschaftlerin Constanze Paffrath: „Macht und Eigentum – Die Enteignungen 1945 bis 1949 im Prozeß der deutschen Wiedervereinigung“.

Der Titel klingt harmlos, sein Inhalt ist es nicht, denn es weist eine groß und äußerst geschickt angelegte Täuschung der Regierung Helmut Kohl nach, die 1989/90 die Chance zur Wieder-vereinigung beider deutschen Staaten erkannte, diese Vereinigung betrieb und zugleich vorbereitete, wie sie politisch, wirtschaftlich und vor allem finanziell zu bewältigen sei.

Als die Regierung noch vor dem Vertrag zur deutschen Einheit die mit der DDR vereinbarte „Gemeinsame Erklärung zur Regelung offener Vermögensfragen“ vom 15. Juni 1990 vorlegte, reagierten die Familien der Opfer, denen unter sowjetischer Besatzungsherrschaft ihr gesamtes Eigentum ersatzlos weggenommen worden war, die man vertrieben, eingesperrt, verschleppt und teilweise umgebracht hatte, entsetzt und fassungslos.

Sie lasen dort: „Die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) sind nicht mehr rückgängig zu machen. Die Regierungen der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik sehen keine Möglichkeit, die damals getroffenen Maßnahmen zu revidieren.“ Zu den Opfern dieser „Enteignungen“ gehörten auch die Familien der früheren Landwirte und Gutsbesitzer mit 100 Hektar und mehr. Getarnt als „Bodenreform“ nahm ihnen das neue Regime damals sämtliches Agrar- und Forstland weg, ebenso Haus und Hof, alles Vieh, alles Gerät, auch die persönliche Habe. Sie mußten verschwinden und durften sich, falls nicht eingesperrt, ihrem bisherigen Wohnort nicht mehr nähern („Kreisverweisung“).

Längst steht fest, daß diese „Bodenreform“ Teil der grob rechtsstaats- und menschenrechtswidrigen politischen Verfolgung einer ganzen Bevölkerungsschicht war, weil diese dem Kommunismus entgegenstand. Nicht anders erging es auch allen Unternehmern aus Industrie, Handel und Gewerbe, ebenso Handwerkern und Hauseigentümern unter der Bezeichnung „Industriereform“.

Um das brutale Vorgehen ideologisch und gegenüber der übrigen Bevölkerung zu rechtfertigen, wurden die Opfer dieser Verfolgung pauschal als „Nazi-Aktivisten und Kriegstreiber“ hingestellt, ohne rechtsstaatliche Verfahren angeklagt und bestraft.

Nur vage verweist die Gemeinsame Erklärung diese Opferfamilien auf die „Auffassung“ der Bundesregierung, über „etwaige Ausgleichsleistungen“ zu entscheiden, müsse dem künftigen gesamtdeutschen Parlament vorbehalten bleiben. Sie, die übrige Bevölkerung, später auch die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen, andere Behörden und Gerichte verstanden die Formulierung „sind nicht mehr rückgängig zu machen“ als ein Rückgabeverbot auch für das, was von den entzogenen Vermögenswerten noch rückgabefähig war. So sollten sie es aber auch verstehen. Der andere Begriff, der in die Welt gesetzt wurde, heißt „Restitutionsausschluß“. Er wurde und wird ebenfalls als (totales) Rückgabeverbot verstanden. Auch die Buchautorin selbst versteht beides so.

Öffentlichkeit und Bundestag getäuscht

Wie es dazu kam und wie es den an den Vertragsverhandlungen beteiligten Politikern gelang, die in jener Erklärung ausgehandelte Formulierung „sind nicht mehr rückgängig zu machen“ als Rückgabe-verbot erscheinen zu lassen und das noch als Bedingung der Sowjetunion und der DDR hinzustellen, ohne die die Wiedervereinigung nicht zu haben gewesen sei, legt Frau Paffrath in dem Buch Schritt für Schritt sehr detailliert offen. Diese Lesart wird in den deutschen Politik-Etagen und in der Öffentlichkeit nach wie vor aufrecht erhalten, als wahr verteidigt und als unabänderlich hingestellt. Aber das Buch widerlegt sie. Bei Helmut Kohl immerhin ist im Januar eine Absetzbewegung wenigstens von der Behauptung der sowjetischen Bedingung erkennbar geworden.

Die detailliert belegten wesentlichen Ergebnisse lauten: Die Sowjetunion hat ein Rückgabeverbot nachweislich an keinem Verhandlungstag und auf keiner Verhandlungsebene verlangt. Die maßgeblichen Vertreter der Bundesregierung haben die Öffentlichkeit und den Bundestag absichtlich und wider besseres Wissen getäuscht. Die Bundesregierung hat dies schon vor den offiziellen internationalen Verhandlungen selbst geplant. Sogar dann, wenn Sowjetunion und DDR das Rückgabeverbot als unabdingbar gefordert hätten, hätte die Bundesregierung dieser Forderung weder gemessen am Grundgesetz noch an vorausgegangenen höchstrichterlichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts entsprechen dürfen. Ein wesentlicher Teil der Täuschungsstrategie bestand darin, das sowjetische Verlangen nach -, also für die Rechtswidrigkeiten in ihrer Besatzungszeit nicht belangt zu werden, als Verlangen nach einem „Restitutionsverbot“ zu verschleiern. Die DDR hatte zu keiner Zeit die politische Macht, in den deutsch-deutschen Verhandlungen eigene Forderungen durchzusetzen. Die Nichtrückgabe des 1945 bis 1949 entzogenen Eigentums stand für maßgebliche Vertreter der Bundesrepublik bereits im März 1990 vor der ersten frei gewählten DDR-Regierung fest. Die Gründe, die die Bundesregierung dem Bundestag dargelegt hat, um seine Zustimmung zu den von ihr vorgeblich ausgehandelten Eigentumsregelungen zu erreichen, entsprachen nicht der Wahrheit. Nur durch die Täuschung des Parlaments gelang es der Bundesregierung, neben dem Einigungs- und dem „Zwei-plus-Vier“-Vertrag einen verfassungs-ändernden Beschluß herbeizuführen, den sie ohne Täuschung nie hätte erreichen können.

Im Juli 2003 ist die Autorin mit ihrer Untersuchung an der Universität Duisburg-Essen „summa cum laude“ promoviert worden. Beide Gutachter, die Professoren Claus-E. Bärsch und KarlRudolf Korte vom Institut für Politikwissenschaft der Universität bescheinigen ihr eine „ausgezeichnete Beweisführung“. Gerade der mit der Materie von früher her vertraute Gutachter Korte schreibt, obwohl er eine gewisse Distanz zu dem Ergebnis der Untersuchung nicht verbirgt, in seinem Votum: „Frau Paffrath hat einen in sich schlüssigen Nachweis erbracht für die, wie sie es selbst bezeichnet, Täuschungsstrategie der Bundesregierung. Ihr Maßstab der abwägenden Erörterung zwischen staatspolitischer Notwendigkeit und verfassungsrechtlicher Wertentscheidung kann keine andere Schlußfolgerung zulassen […] In der Fülle des verarbeiteten Materials, in ihrem Reichtum an Ideen, ihren ausgewogenen Schlußfolgerungen und ihrer stringenten Systematik ist die Dissertation ein überzeugendes Beispiel für politikwissenschaftliche Forschung auf hohem Niveau.“

Im Wirbel allerdings, den das Buch ausgelöst hat, bleibt nach wie vor eines unbeachtet: daß die gesetzlichen Regelungen eine Rückgabe der noch frei verfügbaren Vermögenswerte an die Opfer politischer Verfolgung der Jahre 1945 bis 1949, wenn rehabilitiert, nicht verbieten, sondern als Wiedergutmachung erlauben und sogar gebieten. Grundlagen sind die Gemeinsame Erklärung, der Vertrag zur deutschen Einheit, das Vermögensgesetz sowie das verwaltungs- und das strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz. Frei verfügbar sind die noch in Staatshand befindlichen Vermögen, darunter fast 1 Million Hektar Agrarland. Für nicht mehr frei verfügbare ist als Wiedergutmachung Entschädi-gung zu leisten. Hat der Staat sie verkauft, muß er den Erlös an die Opfer herausgeben.

Mißverständnisse nie ausgeräumt

Das Rückgabeverbot ist also nur ein vermeintliches. Damit können sich die Täter dem Vorwurf entziehen, die von ihnen gemachten Gesetze würden den Opfern das Begehrte verweigern. Insofern sind jedenfalls die Gesetze „richtig“. Aber dennoch wird von Behörden, Ämtern und Gerichten ein Rückgabeverbot praktiziert, weil es sich dort als solches in den Köpfen festgesetzt hat und als von der Politik so gewollt wahrgenommen wird.

Gewollt ist das Rückgabeverbot von den damals Handelnden der Bundesregierung in der Tat, ohne aber selbst das Wort „Rückgabeverbot“ wirklich auszusprechen. Das zeigt sich schon daran, daß die Kohl-Regierung und ihre Politiker nichts getan haben, um dem Mißverständnis vom Rückgabeverbot entgegenzutreten, und daß es die Schröder-Regierung heute ebenfalls nicht tut. Warum? Weil sie die Nichtrückgabe gewollt haben und noch immer wollen – die einen vor allem aus fiskalischen Gründen, die anderen zusätzlich aus ideologischen.

So besteht das Infame der fein eingefädelten Täuschung darin, mit Hilfe der erfundenen Bedingung der Sowjets und der DDR die an sich mögliche und gebotene Rückgabe oder Erlösauskehr als verboten erscheinen zu lassen, obwohl es die Gesetze anders bestimmen. Diesen Zusammenhang stellt das Buch allerdings nicht her. Denn auch die Autorin setzt den „Restitutionsausschluß“ oder das „Restitutionsverbot“ einem Rückgabeverbot gleich, weil auch sie ihn so versteht, wie ihn alle verstehen sollten, und nimmt die gesetzlichen Regelungen, die ihm entgegenstehen, so nicht wahr.

Welche Bedeutung hat das Buch? Zwar wird die Täuschung seit vielen Jahren öffentlich dargestellt, ohne daß die Beschuldigten gegen den Vorwurf vorgegangen sind, aber Frau Paffrath hat die Täuschung mit einer Fülle von Details zusätzlich belegt und untermauert. Was kann das Buch bewirken? Die führenden Politiker übergehen das Buch mit lautem Schweigen, wie sie schon bisher geschwiegen haben. Oder sie reagieren auf Anfragen von Bürgern mit ihren bisherigen stereotypen Antworten, die ausweichen und verschleiern. Für den bisher tiefgreifendsten deutschen Politik- und Rechtsskandal seit Bestehen der Bundesrepublik ist das zu wenig. Und ob das Buch die zuständigen Ämter, Behörden und Gerichte dazu bewegt, ihre Gesetzesanwendung zugunsten der Opfer zu än-dern, läßt sich jetzt noch nicht erkennen. So gut wie keine Rolle spielt das Buch für die am 29. Januar verhandelten, aber noch nicht entschiedenen Beschwerden von Opfern vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, denn der Gerichtshof überprüft nur etwaige Rechts-verletzungen in der Zeit nach dem 3. Oktober 1990.

Klaus Peter Krause

Der Autor und Journalist Dr. Klaus Peter Krause war bis Ende 2001 für den Bereich Wirtschaft der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ verantwortlich.

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Leserbriefe

zum Artikel „Empörung geht vor Erforschung“ von Prof. Dr. jur. Michael Stolleis vom 15.03.04 in der Süddeutschen Zeitung:

Der Beitrag von Stolleis über das Buch „Macht und Eigentum“ von Constanze Paffrath in der Süddeutschen Zeitung zeigt, wie die politische Klasse den vorgehaltenen Spiegel ihrer menschen-rechtswidrigen Unrechtshandlungen zerstören will. Stolleis muß sich zu seinem Beitrag den Vorwurf gefallen lassen, daß er sich für die Aufrechterhaltung von Bestrafungen für nicht begangene Straftaten einsetzt. Denn die sogenannten Enteignungen sind in Wirklichkeit eine Bestrafung von angeblichen Nazi- und Kriegsverbrechern, um die Bourgeoisie zu vernichten.

Diese gesetzwidrige Bestrafung und deren Aufrechterhaltung erfolgte mit der rechtswidrigen Anwendung von Gesetzen, die eigentlich für den Vermögenseinzug nur für überführte Nazi- und Kriegsverbrecher gedacht waren. Eine solche rechtsstaatswidrige Bestrafung wurde zum Beispiel mit dem Gesetz zur Einbeziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten vom 8. Februar 1949 am 2. Dezember 1949 zu DDR-Zeiten durchgeführt und ist seit 1990 gegen die Rechte der Europäischen Menschenrechtskonvention von der Bundesregierung Deutschland vorsätzlich beibehalten worden. Sogar die Strafaufhebung und die Eigentumsrückgabe ist in diesem Gesetz im § 4 geregelt, wenn sich die Unschuld des Bestraften später herausstellen sollte! Diese Strafaufhebung noch heute staatlich zu verhindern, ist ein Staatsverbrechen, das Stolleis mit seinem Beitrag unterstützt.

Mit der Aufrechterhaltung der besatzungsgesetzwidrigen Vermögensbestrafungen ist auch der Aufbau des Mittelstandes durch das damit zusammenhängende Arbeitsverbot der „Alt-Unternehmer“ auf eigenem Grund und Boden in den neuen Bundesländern seit 1990 verhindert worden. Diese Umstände bekommen heute die Arbeitslosen und die daniederliegende Volkswirtschaft zu spüren. Die Steuerzahler haben noch nicht erkannt, daß sie diesen volkswirtschaftlichen Unsinn subventionieren und finanzieren müssen. Wer diese Zusammenhänge nicht sehen will, muß wohl in kommunistischen Denkstrukturen verhaftet sein.

Dipl.-Ing. Gerhard Heeren, Partenheim

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Die Kritik oder vielmehr der Verriß erinnerte mich an ein Ereignis, welches nunmehr schon zweihundert Jahre zurückliegt, aber immer wieder mit Kopfschütteln begleitet wird: Als Beethovens Eroica uraufgeführt wurde, schrie ein neunmalkluger Kritiker in den Saal: „Aufhören!“ Ähnlich dumm und Ihrer Zeitung unwürdig ist die Rezension von Michael Stolleis.

Die Behauptung, daß die Enteignungen (es waren Konfiskationen) stalinistisches, das heißt russisches Unrecht war, ist nicht richtig. Die Konfiskationen sind in der Mehrzahl von deutschen Kommunisten durchgeführt worden. Unter welchen Umständen und mit welchem Hintergrund dies geschah (Verfolgung, Vertreibung, KZ, ungesühnte Morde und unglaubliche Hetztiraden der maßgeblichen Politiker), all dies haben die Rechtsanwälte der beim EGMR Klagenden minutiös in ihren Klageschriften ausgeführt. Hätte Herr Stolleis sich hierüber etwas klüger gelesen, wären seine Tiraden sicher anders ausgefallen.

Nicht einmal Erwähnung im damaligen Intrigenspiel findet die Rolle von Roman Herzog, der nachweisbar die Gewaltenteilung mißachtet hat. Daß Kohl tatsächlich die Unwahrheit gesagt, sprich gelogen hat, hat er selbst am 16. Januar auf Schloß Eichholz bei Bonn vor mehr als 100 Zuhörern zugegeben. Auch ignoriert Herr Stolleis die neuerlichen Aussagen de Maizières und Meckels, die von der „unabdingbaren Forderung“ längst abgerückt sind.

Falsch ist auch die Behauptung, Frau Paffrath hätte ihre Gegner nicht befragt. Sowohl Kohl als auch Schäuble haben Interviews abgelehnt. Dies entspricht der Erfahrung, die auch Dr. Udo Madaus mit den Protagonisten dieses Land- und Immobilienraubes gemacht hat, Schäuble hat dessen Buch ungelesen zurückgesandt.

Wolfgang Haars, Salzgitter

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Die nachfolgende Stellungnahme H.-W. Grafs (des damaligen Vorstandsvorsitzenden des DBSFS) zu diesem Thema wurde am 6. April 2004 an alle Politiker des Deutschen Bundestages versandt:

Dieses zentrale Thema der Ära Kohl beschreibt klar und treffend eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Nachkriegspolitik. Wissenschaftlich akribisch führt Dr. Constanze Paffrath den Beweis: Kohl hat gelogen und sein Amt mißbraucht! Mit Hilfe willfähriger Heloten aus Politik und Justiz wurde das Recht gebeugt. Dieses Unrecht setzen Kanzler Schröder und seine nur farblich unter-schiedlichen Regierungsmitglieder heute fort.

Die von Paffrath beleuchtete ‚Staatshehlerei’ Kohls kann nur noch als Mischung aus rücksichtslosem Machterhalt und alternativeloser Hilflosigkeit gesehen werden – spätestens bei der Wahl 1994 hätte sich das Kohl`sche Lügengespinst („blühende Landschaften… ohne Steuererhöhungen“) als solches dekuvriert –, perfider Zynismus nach bester machiavellistischer Manier.

Diese treffliche Rückblende von Klaus Peter Krause sollte nicht nur allen Wählern, sondern auch jedem Politiker, der über den Status des wohlversorgten Parteisoldaten hinauskommen und implizierter Verantwortungsbereitschaft entsprechen will, arg zu denken geben. Constanze Paffraths Stich ins „Wespennest“ beleuchtet nämlich auch die menschenverachtende Matrix der jedem demokratischem Grundprinzip Hohn sprechenden Verquickung von Amtsmißbrauch und unheilvoller Fraternisierung von Legislative, Judikative und Exekutive – de facto der Aufhebung der Gewaltentrennung. Die Folgen ihres Handelns haben unermeßliche Schäden materieller, sozio-logischer und emotionaler Art angerichtet, die Gräben zwischen Ost und West nachhaltig vertieft und Rechtsbeugung zum willfährigen Werkzeug politischen Machtmißbrauchs verbogen.

Im Athen Solons wären diese Zeitgenossen bestenfalls exiliert worden.

Wer sein Amt als Politiker oder Richter mißbraucht, muß in einer wirklichen Demokratie dafür auch persönlich zur Rechenschaft gezogen werden können.

In warnender Nachdenklichkeit

H.-W. Graf