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Prof. Wilhelm Hankel, ein Lehrmeister leiser Eindringlichkeit, …

…. ist am 15. Januar 2014, fünf Tage nach seinem 85. Geburtstag, nach langer Krankheit, von der er nie groß Aufhebens machte, verstorben. Mit seinem Tode verliert dieses Land einen der profiliertesten Wirtschafts-, Währungs- und Finanzexperten, der sich in keinem seiner zahllosen Ämter verbiegen und instrumentalisieren ließ. Bereits seit Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts trat er als Warner dagegen auf, mit währungspolitischen Ketten kulturelle, arbeitsmarkt- und sozialpolitisch völlig unterschiedliche Staaten in eine künstliche Uniformität zu zwingen und in sozialistischer Gleichmachermanier alles glatt zu polieren, was die Vielfalt Europas ausmacht. Mit seinen Kollegen Nölling, Starbatty und Schachtschneider zog er dreimal vor das Bundesverfassungsgericht, in dem verzweifelten Versuch, den Politikern in ihrer Mischung aus Inkompetenz, Profilierungssucht und Machtgier in den Arm zu fallen. Für ihn war „die Währung eines Staates der individuelle Maßanzug, den man nicht als Massenware konzipieren kann“. Er war – von den Politikern wie den Medien völlig zu Unrecht geziehen – kein Gegner eines ‚Vereinten Europas‘, vielmehr ein Gegner undemokratischer Zwänge und politischer Unverfrorenheit. Mit messerscharfem Verstand reihte er in seinen Vorträgen gelassen und mit ruhiger Stimme Fakten an Fakten – stets dem Grundsatz treu: ‚Audiatur et altera pars‘! (‚Auch die Gegenseite möge gehört werden‘), entlarvte aber (mit ebenso sanftem Humor) politische Lügen und populistische Ammenmärchen als untaugliche Mittel, dem Volk Sand in die Augen zu streuen.
Mit seinem Tode verliere ich einen mutigen Mentor und wertvollen Ratgeber; auf mehreren Kongressen hatte ich immer wieder die Möglichkeit, von diesem klugen Grandseigneur und Philosophen zu lernen, und für viele meiner eigenen Vorträge durfte ich seinen kritischen Verstand und seine Erfahrung nutzen. Sein Tod ist ein Verlust für alle – ob sie ihn persönlich kannten oder nicht.
Vielleicht finden Sie die Zeit, einige seiner Interviews und Vorträge auf YouTube noch einmal nachzuhören – es wird Sie bereichern!

Deutschland sieht sich währungs- und wirtschaftspolitisch derzeit einem rhetorischen Dauerbeschuß vonseiten des IWFs, der US-amerikanischen FED, aber auch der Euro-Leithammel in Brüssel und Luxemburg ausgesetzt; es möge doch, so der Tenor, seinen Binnenkonsum ankurbeln, seinen Export drosseln und damit seine Handelsbilanzüberschüsse schmälern. Nur damit, so die Montis und Draghis, Camerons und Bernankes dieser Welt, könne das Ungleichgewicht in Europa und des zwangsvereinten Euro-Raums wiederhergestellt werden. Welch schreiender Unsinn: Zum einen sind die Exporte der Bundesrepublik in die Euro-Zone seit Einführung des Euro von ehedem 47% auf knapp 39% gesunken, zum anderen gliche dies der Forderung im Sport, der Schnellste im Finale möge bitte Blei um seine Fesseln binden, um seinen Konkurrenten eine Chance zu geben.

In den derzeitigen Ungleichgewichten der europäischen Volkswirtschaften zeigt sich dramatisch, wie unselig unsinnig es war (und bleibt), völlig unterschiedliche Volkswirtschaften über einen Kamm zu scheren und in ein und demselben Wettbewerb gegeneinander antreten zu lassen. Jedoch, und daran halten die führenden Parteien Europas unbeirrbar und völlig uneinsichtig, vor allem jedoch jenseits jeglicher Demokratie unbeirrbar, fest: Es muß gewaltsam vereint werden, was nicht zusammengehört. Dabei sollte, so der Gesamtmetall-Chef Rainer Dulger, „Europa froh sein, daß unter all den Lahmen noch einer laufen kann“. In der Tat belief sich der Überschuß der deutschen Leistungsbilanz 2013 auf über 200 Milliarden Euro (etwa 7% des Bruttoinlandsprodukts), da jedoch viele dieser Exporte ihre Vorfertigung im Ausland (auch in der Euro-Zone) erfahren, brächen in etlichen Volkswirtschaften Tausende von Betrieben zusammen und Hunderttausende von Arbeitsplätzen weg, wenn Deutschland (auf Geheiß der EU-Kommission und unter Androhung von Strafen) seine Wirtschaftskraft drosseln und seine Exporte reduzieren würde. Hinzu kommt, daß ohnehin mehr als 30% aller EU-Exporte ‚auf Kredit‘ erfolgen, wobei die Frage, ob diese Kredite gegenüber deutschen Unternehmen jemals zurückbezahlt werden, in den Sternen steht.

Nein, mit sozialistischer Gleichmacherei ist weder eine Volkswirtschaft noch ein Kranz völlig unterschiedlicher nationaler Volkswirtschaften auf Linie zu bringen. Währungen sind der ökonomische Puls ihrer Volkswirtschaften und üben eine unverzichtbare Pufferfunktion im interglobalen Austausch von Waren und Dienstleistungen aus. Aber davon wollen unsere beratungsresistenten und zu jedem Schwachsinn nur allzu bereiten Politiker nichts wissen, womit wir wieder bei wären, der nicht müde wurde, darauf hinzuweisen, daß Volkswirtschaften autoenergetische Systeme sind, die nicht zu einer Batterie von Legehennen umfunktioniert werden können.

H.-W. Graf