You are currently viewing Offener Brief an J. Rau – Menschenrechte

Offener Brief an J. Rau – Menschenrechte

Guten Tag, Herr Rau,

zum Ende Ihrer Bundespräsidentschaft stellten sich viele Bürger die Frage, ob Sie Ihrer Aufgabe als Bundespräsident gerecht geworden sind? Die Antwort lautete bei manchen Themen sicherlich „ja“, aber bei der Frage der Verteidigung der Menschenrechte leider „nein“!

Sie äußerten einmal, daß Sie ‚einer der politischsten Bundespräsidenten’ seien. Wieso haben Sie dann mit „politischem“ Schweigen Unrechtshandlungen unseres Staates unterstützt und gefördert?

Sie wissen, daß die Bundesregierung seit 1990 die russische Regierung wahrheitswidrig der Aussage beschuldigt, daß die „Enteignungen“ auf dem Gebiet der neuen Bundesländer aufgrund einer angeblichen Forderung der russischen Regierung nicht rückgängig gemacht werden dürfen. Sie wissen aber auch, daß diese „Enteignungen“ in Wirklichkeit eine Bestrafung von unbescholtenen Bürgern für nicht begangene Straftaten durch deutsche Organe sind. Als oberster Repräsentant Deutschlands diese Menschenrechtsverletzungen der russischen Regierung wahrheitswidrig zu unterstellen, ist in meinen Augen ein Staatsverbrechen.

Trauen Sie wirklich der russischen Regierung und insbesondere Michail Gorbatschow eine solche Ungeheuerlichkeit zu? Trauen Sie sich zu, diese wahrheitswidrige Behauptung öffentlich zu wiederholen? Wohl kaum. Somit ist Ihr Schweigen zu diesem Vorgang die Bestätigung Ihres Willens, solches Unrecht nicht zu beseitigen.

Unter Ihrer Regentschaft hat sogar das Bundesverfassungsgericht zuletzt am 4. Juli 2004 (1 BvR 834/02) entschieden, daß ein Bürger für nicht begangene Straftaten bestraft bleiben muß, obwohl Moskau ihn in derselben Sache rehabilitiert hat. Auch in diesem Urteil wird die Schuld der verweigerten Rehabilitierung der russischen Regierung unterschoben, um dem russischen Volk angeblich einen fadenscheinigen Unrechtsvorwurf zu ersparen. Konnten Sie einem russischen Staatsvertreter bei offiziellen Begegnungen bei solchen deutschen Verleumdungen in die Augen sehen, ohne rot zu werden? Müssen Sie sich als Repräsentant unseres Staates nicht beschämt vorkommen, zu diesem Unrecht geschwiegen und dieses Unrecht damit gefestigt zu haben? Gab es in Deutschland nicht schon einmal staatlich gewollte Unrechtsurteile?

Sie haben schweigend zugesehen, wie in den neuen Bundesländern die betroffenen Unternehmer auf ihrem eigenen Grund und Boden an einem ‚Aufbau Ost’ staatlich gehindert wurden und bis heute werden. Sie haben schweigend zugesehen, wie dadurch das Heer der Arbeitslosen täglich gewachsen ist und die Flucht in den Westen zur Arbeitssuche ständig zunahm. Glauben Sie immer noch, daß Arbeitsplätze staatlich ausgesperrten Unternehmern und staatlich enteigneten Bürgern geschaffen werden können?

Mit dieser unverzeihlichen Haltung haben Sie – wie auch Ihr Vorgänger – das Amt des Bundespräsidenten beschädigt.

Ihre letzte „Berliner Rede“ habe ich genau studiert. Einige Ihrer anerkennenswerten Leitsätze möchte ich nachfolgend auf ihre Bedeutung für die Festschreibung von staatlichem Unrecht untersuchen. Die nachfolgend in Anführungszeichen gesetzten Worte sind die Ihrer Berliner Rede:

Viele haben und werden Ihnen Beifall zollen, weil wir alle wissen, wie wichtig „Vertrauen und Verantwortung“ sind. Das „Vertrauen“ in die Berechenbarkeit unserer Justiz und die „Verant-wortung“ einer rechtsstaatlichen Justiz habe ich leider in Ihrer Rede vermißt. Ist nicht gerade dies aber die Basis dafür, in einem Rechtsstaat frei, vertrauensvoll und verantwortlich wirken zu können?

Sie forderten „Vertrauen in die, die für uns Verantwortung tragen“. Ich habe Ihnen gegenüber mit vielen Schreiben mein „Vertrauen“ bekundet, damit Sie helfen, die oben genannten Verbrechen verantwortlich zu beenden. Dieses „Vertrauen“ in Ihre „Verantwortlichkeit“ als Bundespräsident aller Deutschen haben Sie mit unüberhörbarem Schweigen verletzt.

Wie können Unternehmer „den Kopf frei haben für Anstrengungen und Erfolg im Beruf“, wenn unsere regierungskonforme Justiz das Recht auf Strafaufhebung für nicht begangene Straftaten, das Recht auf Eigentum und das Recht, auf seinem Eigentum volkswirtschaftlich zu wirken, verletzt? Hier können Sie nicht sagen, es würde „nur schlecht geredet“, nein, es ist schlecht. Was nicht in Ordnung ist, darf nicht mit Schweigen übergangen werden, sonst wird es nie in Ordnung gebracht werden können. Dieses oben beschriebene Staatsverbrechen an unschuldigen Bürgern ist zum Nachteil unserer gesamten Volkswirtschaft erfolgt. Die „kollektive Depression“ ist die Folge rechtsstaatswidriger Entscheidungen, die auch Sie mitgetragen haben. Können Sie daher „Vertrauen“ für Ihre offensichtlich nicht übernommene „Verantwortung“ erwarten?

Ich geben Ihnen recht, wenn Sie sagten, daß „der Vertrauensverlust in unserem Land ganz handfeste Gründe hat“. Wenn z. B. Bürger für nicht begangene Straftaten bestraft bleiben müssen, damit die Bundesregierung deren Vermögen staatlich verwerten kann, dann wird damit „immer mehr Menschen tiefes Mißtrauen gegenüber diesem Staat eingeflößt“. Hier „kann sich nicht jeder gelegentlich irren“, wenn solches Unrecht „aus Überzeugung vertreten wird“, was letztlich gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.

„Besonders vertrauenszerstörend ist die offenbar anhaltende Wirkungslosigkeit all dessen, was die Arbeitslosigkeit beseitigen soll“. Stimmt, Unternehmer mit ihrem Eigentum an dem Aufbau Ost zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu hindern, ist offensichtlich die erfolgloseste Methode zum Abbau der Arbeitslosigkeit. Dies aus parteitaktischen Gründen nicht bedenken zu wollen, ist ein weiteres Verbrechen der als Enteignungen getarnten Strafaufrechterhaltung von unschuldig bestraften Bürgern, die vielfach Unternehmer sind. Dies geschieht seit 1990, als wollte man diese Unternehmer noch heute genau so vernichten, wie es die damaligen Kommunisten auch wollten.

Sie haben richtig erkannt, daß mit so viel Vertrauensverlust in die Verantwortlichen unseres Staates „eine innere Auswanderung aus unserer Demokratie droht“, die Sie leider mit Ihrem Schweigen gegenüber diesen Staatsverbrechen selbst mit gefördert haben. Sie haben damit leider das Vertrauen vieler Unternehmer in ihre „eigene Zukunft“ in unserem Staat zerstört.

Auch wir Bürger „müssen uns darauf verlassen können“, daß unser Bundespräsident Unrechts-handlungen unserer Regierung und Unrechtshandlungen unserer Gerichte anprangert. Dies nicht getan zu haben, ist in meinen Augen der größte Vertrauensbruch, den Sie angerichtet haben. Mit Ihrem Schweigen haben Sie praktiziertem Unrecht Ihre Zustimmung, Ihren Segen gegeben. Ihre Ausflüchte in den „Respekt vor den Gerichten“ waren in diesen Fällen fehl am Platze. Oder würden Sie die rechtsstaatswidrigen Entscheidungen der Justiz unter Hitler oder in der DDR mit Ihrem Respekt vor Gerichten auch für gut heißen?

„Wir müssen den Primat der Politik wiedergewinnen – einer Politik, die sich an Werten orientiert“. Ihr Reden über Werte, die Sie aber selbst nicht gewillt waren zu verteidigen, ist der Wegbereiter Ihres eigenen Vertrauensverlustes. Oder lohnte es sich auch für Sie (aus Staatsräson?), die allgemein gültigen Werte dem fiskalischen Vorteil zu opfern?

„Politik muß Probleme lösen.“ Aber was ist das für eine Lösung, wenn alle Parteien sich seit 1990 einig sind, daß das widerrechtlich konfiszierte Vermögen von ca. 2 Millionen unschuldig bestrafter Bürger gut für den Aufbau Ost eingesetzt werden kann, das in den Jahren zuvor von allen Parteien als ein kommunistisches Verbrechen an den Betroffenen gebrandmarkt wurde. Sieht so eine aufrichtige „Lösung“ aus, die Sie als Bundespräsident bis in die heutigen Tage offensichtlich wohlwollend begleitet haben?

„Die Medien spielen in der demokratischen Gesellschaft eine besondere Rolle als Kontrollinstanz.“ Diese Verantwortung einer wirksamen Kontrolle von Mißständen wird aber leider durch die „Kontrollinstanzen“ der beteiligten Parteien unterminiert. So wird dort genau so das Thema der Aufrechterhaltung von Bestrafungen unbescholtener Bürger totgeschwiegen, wie auch Sie dieses Thema totgeschwiegen haben. Informationen vorsätzlich nicht weiterzugeben, ist als eine Lüge zu betrachten und vernichtet genauso das „Vertrauen“ in die Medien wie in die verursachenden Parteien.

Sie sprachen von dem Entwickeln eines „Wir-Gefühls. Könnten Sie ein „Wir-Gefühl“ entwickeln, wenn auch Mitglieder Ihrer Familie von Ihrem Staat unschuldig und vorsätzlich bestraft bleiben müßten, obwohl niemand in Ihrer Familie die ihnen angelasteten Straftaten begangen hat?

Solange in Deutschland – entgegen Artikel 20 Absatz 2 GG – die Parteien die ihnen genehmen Richter auswählen und diese nicht vom Volk gewählt werden können, solange wird Staatsverbrechen – wie dem hier geschilderten – in unserem Land auch weiterhin Tür und Tor offen stehen.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir einen Weg zeigen könnten, wie diese geschilderten Staatsverbrechen beendet werden könnten, damit wieder „Vertrauen“ in die „Verantwortlichkeit“ unserer Politik, in die unseres Bundespräsidialamts und in die unserer Justiz aufgebaut werden können.

Waren Sie der Präsident eines Rechtsstaats, wenn Bürger für nicht begangene Straftaten bestraft bleiben müssen?

Mit freundlichen Grüßen

G.Heeren

P.S. (der Red.): Hoffen wir auf einen ehrlichen, mutigen Präsidenten Köhler!