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Guido Herz: „Wir wollen die Wahrheit über Afrika nicht sehen“ – Interview

Ist Afrika noch zu retten? Der ehemalige deutsche Botschafter in Tansania, Guido Herz, warnt Europa davor, daran zu glauben


Herr Dr. Herz, kann der „Marshallplan für Afrika“ den Kontinent retten?

Guido Herz: Ich glaube nicht. Das ist nur der vergebliche Versuch, mit noch mehr Geld und Mitteln zu erreichen, was man schon seit über fünfzig Jahren mit viel Geld und Mitteln nicht erreicht hat, nämlich Afrika zu entwickeln.

Deutschland hat er doch auch geholfen.

Herz: Deutschland war ein entwickeltes Land, das man 1945 „nur“ wiederaufbauen mußte. In Afrika dagegen fehlen alle strukturellen Voraussetzungen.

Wieso kommt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller dann auf diese Lösung?

Herz: Ich halte das für Aktionismus – im Grunde ein Ausdruck der Hilflosigkeit. Es soll kaschiert werden, daß man eigentlich keine Lösung für das Problem hat. Zudem müssen Politiker sich profilieren, sie müssen irgendwas vorweisen. Allerdings sieht ja sogar die Kanzlerin seinen Marshallplan skeptisch.

„Entwicklungshilfe schadet Afrika“

„Wenn wir die Probleme Afrikas dort nicht lösen, kommen sie zu uns“, warnt Müller.

Herz: Damit hat er recht! Derzeit reden wir hierzulande ja vor allem über Einwanderer aus dem arabischen Raum. Die eigentliche Gefahr droht in Zukunft aber aus Afrika. Selbst nach der mittleren Schätzung der Uno werden im Jahr 2100 elf Milliarden Menschen die Welt bevölkern. Tatsächlich aber halte ich die maximale Schätzung der Uno für weit realistischer, wonach es 16 Milliarden sein werden. Allein sechs Milliarden davon entfallen dann auf Afrika. Zum Vergleich: Heute hat der Kontinent gerade mal gut eine Milliarde Einwohner. Tansania etwa, mit heute fünfzig Millionen Bürgern, wird dann 400 Millionen Menschen haben! Und die Infrastruktur dort reicht heute schon nicht mal für die Hälfte der jetzigen Einwohnerzahl.

Wächst die Infrastruktur nicht mit?

Herz: Nach meiner Erfahrung wird sie eher noch schrumpfen. Früher etwa hatte Tansania zwei leistungsfähige Bahnlinien: Eine bekam es in den Siebzigern von China geschenkt, die andere stammt aus deutscher Kolonialzeit und wurde später von Bonn saniert. Heute sind beide Strecken ineffektiv, marode und teilweise außer Betrieb.

Das zeigt aber doch, wie wichtig es ist, in die Entwicklungshilfe zu intensivieren.

Herz: Nein, es zeigt das Gegenteil, nämlich daß Entwicklungshilfe, zwar einzelnen hilft, aber, ihr eigentliches Ziel, die Länder zu entwickeln, verfehlt.

Warum?

Herz: Der zentrale Punkt ist, daß Afrika keine leistungsfähigen staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen hat.

„Verstärkt deutsche Interesse berücksichtigen“

Warum ist das entscheidend?

Herz: Man unterscheidet zwischen inklusiv oder extraktiv wirkenden Strukturen: Inklusiv bedeutet, der Wohlstand kommt allen zugute. Extraktiv hingegen, daß nur eine „Elite“ profitiert. Leistungsfähige Staaten haben inklusive Strukturen. In Afrika dagegen sind die Strukturen eigentlich überall extraktiv. So kann Entwicklungshilfe oder ein „Marshallplan“ nicht wirken, es fehlt dafür der „Resonanzboden“. Sogar das Gegenteil ist der Fall: Angesichts extraktiver Strukturen schadet Entwicklungshilfe.

Wieso das?

Herz: Weil sie extraktive Strukturen stabilisiert. So wird zum Beispiel eine Regierung mit schlechten Leistungen normalerweise abgewählt. Dank Entwicklungshilfe kann sie ihr Versagen aber kaschieren. In meiner Zeit als Botschafter in Tansania kamen allein vierzig Prozent des Budgets aus der Entwicklungshilfe! Wird eine schlechte Regierung aber nicht abgewählt, stagniert die Entwicklung – ja, sie ist sogar rückläufig.

Warum braucht Afrika überhaupt Hilfe angesichts seines Reichtums an Rohstoffen?

Herz: Kennen Sie den Begriff „Rohstofffluch“? Rohstoffe scheinen ein Segen zu sein – doch oft sind sie es nicht. Warum? Weil sie ein „nichterarbeitetes Einkommen“ darstellen. Was ist daran schlecht? Nun, der Marktpreis verarbeiteter Produkte besteht bekanntlich aus deren Produktionskosten, den Kosten für ihren Handel und einem Gewinn. Bei Rohstoffen allerdings sind die Produktionskosten vergleichsweise gering, die Marktpreise aber oft hoch. Folglich ist der Gewinn enorm. Nur: Wer bekommt den, da ihn ja keiner wirklich erarbeitet hat? Es kommt zu einem Verteilungswettkampf, der meist in Korruption und Zersetzung vormals halbwegs effektiver Strukturen mündet. Und was hat das mit Entwicklungshilfe zu tun? Nun, sie hat den gleichen Effekt, denn auch sie ist ein „nichterarbeitetes Einkommen“. So kann auch Entwicklungshilfe korruptiv wirken. Korruption kann sich ja durchaus im Rahmen des entwicklungsstaatlichen Regelwerks abspielen. So spendierte die tansanische Regierung zu meiner Zeit zum Beispiel jedem Parlamentsabgeordneten erst mal einen Geländewagen für 80.000 Euro und zahlte absurd hohe Tagegelder für Dienstreisen. Bei Budgets, die teilweise zu einem beträchtlichen Anteil aus Direktzuwendungen der Geber finanziert werden, bedeutet das eine Selbstbedienung der Empfängerregierungen, mit der ihre Klientel versorgt und ruhiggestellt wird.

Das heißt, Entwicklungshilfe streichen?

Herz: Nicht unbedingt. Aber wir sollten endlich begreifen: Erstens, Entwicklungshilfe erreicht nicht ihr Ziel. Zweitens, der Westen kann Afrika nicht entwickeln. Eben weil dies keine Frage unseres Geldes, sondern der mangelnden institutionellen Struktur der meisten Länder des Kontinents ist. Drittens sollten wir akzeptieren, daß die Entwicklungshilfe der vergangenen Jahrzehnte im Ergebnis nicht dem Wohl der Empfängerländer gedient hat, und deshalb einen neuen, ehrlichen Ansatz wählen: Wenn finanziell unterstützt wird, sollten verstärkt auch deutsche Interessen berücksichtigt werden.

Inwiefern?

Herz: Etwa Geld für Länder, die die Wanderung nach Europa eindämmen – Stichwort Migrationspartnerschaft.

Würde uns das vor der demographischen Welle aus Afrika bewahren?

Herz: Nein. Doch so wären die Gelder wenigstens nicht völlig sinnlos vergeben.

„Die Fluchtursachen können wir gar nicht bekämpfen“

Etliche Ihrer Diplomatenkollegen haben sich zum sogenannten Bonner Aufruf zusammengeschlossen. Diese Initiative plädiert ebenfalls für einen Stopp der Entwicklungshilfe, macht aber Alternativvorschläge, um Afrika zu helfen.

Herz: Ich weiß. Aber anders als die „Bonner“ bin ich nicht so optimistisch. Denn auch sie haben keine Antwort auf das beschriebene Grundproblem. Jeder, der in Afrika etwas bewirken will, steht unvermeidlich irgendwann eben vor diesem – und solange es nicht gelöst ist, ist alles andere eigentlich sinnlos.

Aber es gibt doch auch in Afrika Länder, die vergleichsweise erfolgreich sind – etwa Botswana, Mosambik, Ghana oder Ruanda.

Herz: Ich kenne diese Länder zu wenig, um im Detail etwas dazu zu sagen. Aber aufgrund meiner Erfahrung glaube ich diesen Schalmeienklängen nicht. Ich bin sicher, wer genau hinschaut, stellt fest, daß die Verhältnisse dort im Grunde auch nicht anders sind. Und: Auch diese Länder hängen am Tropf der Entwicklungshilfe – schaffen es also eben doch nicht aus eigener Kraft.

Wie aber sollen wir dann die „Fluchtursachen“ bekämpfen, immerhin Herzstück der „Flüchtlingspolitik“ der Bundesregierung?

Herz: Die Wahrheit ist, daß wir sie gar nicht bekämpfen können. Jedenfalls nicht wirksam.

Warum verspricht die Kanzlerin dann so etwas?

Herz: Ich glaube, sie übersieht nicht, was in Afrika wirklich vor sich geht. Sie erlebt bei Besuchen ja auch nicht die Realität, sondern bekommt irgendwelche Vorzeigeprojekte präsentiert.

Aber hat sie nicht professionelle Berater, die ihr ein realistisches Bild vermitteln?

Herz: Nach meiner Einschätzung kommen die wahrscheinlich aus dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit oder dessen Dunstkreis und sehen eher ihre Erfolge in Einzelvorhaben als die aussichtslose Gesamtlage. Sie bekommt da vermutlich das gleiche interessengeleitete Bild vermittelt, wie von den Entwicklungshelfern vor Ort. Natürlich sagen diese Leute nicht: „Das, was wir hier tun, ist im Grunde sinnlos.“ Natürlich glauben diese Leute an ihre Projekte und zeichnen daher – nachvollziehbar – ein geschöntes Bild.

Im Zuge unserer G20-Präsidentschaft will die Kanzlerin im Juni einen Kongreß „Partnerschaft mit Afrika“ in Berlin abhalten. Was ist davon zu erwarten?

Herz: Vor allem heiße Luft, leider. Und weil Sie eben nach dem Thema Bekämpfung der Fluchtursachen gefragt haben: Möchten Sie auch dazu meine ehrliche Meinung hören?

Bitte!

Herz: Eine ganz wesentliche Fluchtursache ist Frau Merkel. Denn angesichts der demographischen Entwicklung in der Dritten Welt ist es unverantwortlich, solche Einladungssignale in die Welt zu senden, wie sie es getan hat.

Was wird dann aus unserer Willkommenskultur?

Herz: Ich denke, dazu hat der neue US-Präsident in seinem Interview mit der Bild-Zeitung alles gesagt, nämlich daß diese ein „katastrophaler Fehler“ ist.

„Wir werden erst reagieren, wenn es zu spät ist“

Wollen Sie letztlich sagen, daß Afrika gar nicht zu retten ist?

Herz: Ja, das fürchte ich. Nicht weil mir Afrika egal ist, sondern weil die Tatsachen dafür sprechen. Aber das wollen wir uns nicht eingestehen, weil wir vor dieser Wahrheit zurückschrecken. Nur wird es dadurch nicht besser, im Gegenteil.

Inwiefern?

Herz: Wir werden erst dann wirklich reagieren, wenn es zu spät ist.

Und das bedeutet?

Herz: Der bekannte Autor Asfa-Wossen Asserate hat gerade ein Buch veröffentlicht, Titel: „Die neue Völkerwanderung“. Untertitel: „Wer Europa bewahren will, muß Afrika retten“. Damit hat er vollkommen recht.

Wenn aber Afrika, wie Sie sagen, nicht zu retten ist?

Herz: Das ist die kommende Situation, über die wir eigentlich nachdenken sollten, statt uns in Aktionismus zu stürzen, der nur vom wahren Problem ablenkt.

Folglich wäre die einzige Chance die vielgescholtene sogenannte Festung Europa?

Herz: Das zu beurteilen überlasse ich den Politikern und Wählern.

„Wirkliche Hilfe würde auf Kolonialismus hinauslaufen“

Aber können wir Afrika im Stich lassen? Tragen wir für den Kontinent nicht wegen des Kolonialismus Verantwortung?

Herz: Letzteres halte ich für eine faule Ausrede. Mein Kollege Volker Seitz etwa hat darauf hingewiesen, daß am Ende der Kolonialzeit in einigen Ländern sogar bessere Verhältnisse herrschten als heute. Manche Kolonialmächte hinterließen gar eine gute physische Infrastruktur, eine geordnete Verwaltung, ein im Prinzip funktionierendes System politischer Institutionen. Einige Kolonien verfügten damals sogar über Auslandsguthaben und größere Prokopfeinkommen als etliche heutige EU-Länder! Nichts davon ist übrig. Übrigens war Afrika damals keineswegs der Krisenkontinent, der er heute ist. Wenn Afrika in der Zeit seit Ende des Zweiten Weltkrieges je ein Opfer des Nordens war, dann während des Kalten Krieges, denn damals stützten Ost und West jedes noch so korrupte Regime, Hauptsache es hielt zum eigenen Block. Und auch die Entwicklungshilfe hat versagt, weil sie zwar die Mütter- und Kindersterblichkeit erfolgreich bekämpft, aber versäumt hat, ein Umfeld für erfolgreiche Geburtenkontrolle zu schaffen. Die Bevölkerungsexplosion in Afrika und der Klimawandel – über den wir gar nicht gesprochen haben – führen maßgeblich mit zu der Katastrophe, die Afrika bevorsteht.

Sie sehen keine Hoffnung?

Herz: Der einzige Hilfsplan, der mich halbwegs überzeugt, ist der des verstorbenen Rupert Neudeck, wonach jedes westliche Land eine Entwicklungspartnerschaft mit einem ausgewählten afrikanischen Land eingehen soll. Doch eine solche „Adoption“ könnte von interessierter Seite als neuer Kolonialismus interpretiert werden. Und das wird weder von den afrikanischen Eliten akzeptiert werden – die dann ihre Pfründe verlieren würden –, noch ist das bei uns im Westen mehrheitsfähig.

Dr. Guido Herz war zunächst Vize-Botschafter in Tunesien mit Schwerpunkt Entwicklungspolitik, ab 2008 Botschafter in Tansania und von 2011 bis 2016 in Kasachstan, zudem Generalkonsul in Königsberg und Inspekteur des Auswärtigen Amtes. Ab 1995 beriet er die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, 1998 berief ihn Helmut Kohl zum Leiter des Büros für Außenbeziehungen und Internationalen Sekretär der CDU, was er zunächst auch unter dessen Nachfolgern Schäuble und Merkel blieb. Geboren wurde Herz 1950 in Halle, aufgewachsen ist er in Speyer.

Kommentar von Hans-Wolff Graf:

Nur schade, daß Guido Herz (69) erst jetzt, im Ruhestand, nicht jedoch schon früher den Mut hatte, auszupacken!

Der Verein Anthropos e.V. – Für die Kinder dieser Welt wies bereits 1992(!) all dies und noch viel mehr Irrsinn und menschenverachtenden Aberwitz, der unter dem euphemistischen Begriff „Entwicklungshilfe“ verbrochen wurde, in der Studie ‚Unsere Welt‘ nach. Doch kein „christlicher“, „sozialer“, linker oder grüner Politiker wollte davon etwas wissen/lesen/hören. Lediglich der ‚World Future’-Verlag brachte die englische Version heraus.

Immerhin brachten es einige afrikanische Potentaten und Diktatoren mithilfe des DED und deutscher „Entwicklungshilfe“ in den Kreis der Milliardäre; dafür kostete es Millionen das Leben, die Gesundheit und ihre Zukunft.

Weitere Reaktion zweier Querdenker:

Hallo, Herr Graf,

ja, der Mann hat recht. Unter den heutigen Bedingungen ist Afrika nicht zu retten. Dazu braucht es einen ganz anderen Ansatz.

Die Handelspolitik aller westlichen Länder ist darauf ausgerichtet, Freihandelsräume ohne Zölle zu schaffen. Dann setzen sich die billigsten Produkte durch – und das sind die aus den westlichen Ländern. Damit wird der heimischen Industrie das Wasser abgegraben. Das ist so bei den Agrarprodukten und auch der Industrie. Diese Handelspolitik dient den global agierenden Konzernen und den korrupten Eliten der afrikanischen Länder. Die geleistete Entwicklungshilfe fließt über verschiedenste Umwege wieder in die westlichen Länder zurück. Ein Teufelskreis, der nicht unterbrochen werden kann.

Der Ansatz der Veränderung ist gedanklich einfach: Verzicht auf Export billiger Güter durch die westlichen Länder nach Afrika und aller politischen Aktivitäten, dieses zu erreichen. Dazu gehört auch die heutige Entwicklungshilfe, die nur den korrupten Eliten zugute kommt. Aber dieser Ansatz käme einer Revolution im Denken der westlichen Akteure gleich, denn er bedeutet Verzicht auf Profit. Und das ist einfach nicht zu erwarten.

Folge: Ohne eine bewusste Abkehr von heute in der Marktwirtschaft allgemeingültigen Prämissen ist Afrika (aber auch die westliche Welt) nicht zu retten. Wie wir heute überall auf der Welt wüsten, ist die Fragestellung “Der Mensch – ein Irrläufer der Evolution?” leider nur mit “Ja” zu beantworten.

Kennen Sie Sahra Wagenknechts Buch “Reichtum ohne Gier”? In dessen letzten Seiten sind interessante Vorschläge zur Gestaltung neuer Eigentumsverhältnisse und auch Möglichkeiten eines friedlichen Übergangs beschrieben. Ich halte diese Überlegungen für einen guten Ansatz zur Überwindung der heutigen Situation. Aber von ihrer Verwirklichung sind wir noch weit entfernt – vielleicht zu weit.

Mit herzlichen Grüßen
Klaus Buschendorf


Sehr geehrter Herr Graf,

das, was Herr Guido Herz aus erster Hand berichtet und seine Meinung zu Afrika kann ich nur voll unterstützen. Es ist die Wahrheit, die in Deutschland und Europa niemand wirklich zur Kenntnis nehmen will.

Ich war nur einmal in Afrika – eine einwöchige Dienstreise zu einem wissenschaftlichen Kongress in Kamerun. Es begann bereits mit der Beantragung des Visums: drei Tage vor dem Abflug erhielt ich auf telefonische Anfrage bei der Botschaft die Auskunft, dass ich das Visum nur persönlich abholen könnte.

Ich nahm mir also einen Mietwagen auf eigene Kosten und fuhr von Frankfurt am Main nach Bonn, um den Botschafter persönlich zu treffen. Dieser überreichte mir einen “privaten Brief” und mein Visum mit der Bitte, den Brief sofort nach meiner Ankunft bei der nächsten Poststelle aufzugeben, was ich selbstverständlich auch tat.

Im Flieger der französischen Air France überquerten wir gerade die Sahara, als mir der Mund wegen der Luft trocken wurde. Ich wollte die Stewardess bitten, mir einen Becher mit Wasser zu reichen. Da nach 10 Minuten niemand kam, ging ich in den Bereich der Crew. Dort standen einige Afrikaner mit den Stewardessen zusammen und tranken Sekt. Meine Bitte nach einem Becher Wasser wurde von einem der Afrikaner mit der höhnischen Antwort quittiert, dass wir jetzt nicht mehr in Europa sondern in Afrika seien und ich hier nichts zu bestellen hätte.

Während meines Aufenthaltes führte uns ein französischer Gastgeber in ein Lokal, wo wir Alligator zu essen bekamen. Er ließ durchblicken, dass insbesondere seltene Arten hier gern verspeist werden und einen guten Preis erzielen.

Zu etwa der gleichen Zeit hatte ich mich bei einer der ersten P2P crowdfunding Internet Seiten engagiert, um die Entwicklung kleiner Unternehmen in fünf verschiedenen afrikanischen Ländern zu unterstützen. Bei MyC4, einem skandinavischen start-up, investierte ich ca. 8000 Euro in über 200 Projekte, die eine Rendite von 6 bis 14 Prozent versprachen. Der sehr transparente Prozess der Geldverteilung über “örtliche Agenturen” an Bauern, Fuhrunternehmer, Händler und Kleinproduzenten schien eine erfolgversprechende Idee zu sein. Das Projekt scheiterte zuerst in einem und dann schließlich Schritt für Schritt in allen anderen Ländern. Der Grund war nicht etwa die Zahlungsmoral der Kreditnehmer, nein, es war die Korruption und kriminelle Energie der “örtlichen Agenturen”, die mit MyC4 zusammen arbeiteten, welche das Gesamtvorhaben zum Scheitern brachte. Man strich die Provision ein, gab einen Teil des Geldes an die Empfänger aus und kümmerte sich nicht mehr um die Eintreibung der Raten. Ich verlor insgesamt 5500 Euro Kapital, erzielte also eine stark negative Rendite. Alle Gerichtsverfahren verliefen natürlich im Sand, kein Richter hätte für die Interessen der Europäer entschieden.

Ich kann allen grünen und roten Träumern nur empfehlen, selbst nach Afrika zu reisen und ihr privates Geld zu investieren, anstatt dort jährlich Steuergelder in Milliardenhöhe zu verbrennen, denn um nichts anderes handelt es sich bei der sogenannten Entwicklungshilfe. Sie hindert afrikanische Länder daran, sich erfolgreich zu entwickeln! Was wurde mit Griechenland nicht alles angestellt, um eine gezielte Verwendung von Hilfsgeldern zu erreichen? Und, war das erfolgreich? Die Probleme in Afrika sind wegen der Bedeutung der Stammesherkunft und der systemischen Korruption um ein bis zwei Größenordnungen komplizierter und in der Tat nur von den Afrikanern selbst zu lösen.

Mit freundlichen Grüßen,
Dieter Kaemmer