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„Der Diesel ist jedenfalls unschuldig“ – Interview

Interview von Elke Bodderas mit dem Lungenfacharzt Dieter Köhler

Das sieht nach einem Bürokratenstreich aus. Am Arbeitsplatz sind 950 Mikrogramm Stickoxid erlaubt. Sagt das Gesetz, aber beim Diesel dürfen es nur 40 Mikrogramm sein. Das klingt nicht nur nach Unsinn, das ist es auch, sagt der Lungenfacharzt Dieter Köhler. Medizinische Gründe gegen den Diesel lägen jedenfalls keine vor. Der unabhängige Professor sollte es wissen: Köhler war Präsident der Deutschen Gesellschaft für Lungenheilkunde.

WELT: Herr Köhler, als einer der führenden Lungenspezialisten haben Sie eine gute Nachricht an alle Dieselfahrer: Sie könnten sozusagen aufatmen, weil es aus wissenschaftlicher Sicht keine Bedenken gebe, auch nicht gegen alte Autos.

Dieter Köhler: Bei den Stickoxiden von Dieselmotoren reden wir von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. So ist der Grenzwert der EU. Interessant wird dieser Wert, wenn wir das einmal neben den Stickoxidausstoß eines Rauchers halten. Dabei registrieren wir für jede Zigarette über 200.000 Mikrogramm, der Raucher inhaliert etwa 1000 Mikrogramm Stickoxid. Wir stellen weiter fest, dass Raucher anschließend oder etwas später nicht tot umfallen. Der Arbeitsplatzgrenzwert für Stickoxid liegt in Deutschland bei 950 Mikrogramm, in der Schweiz sogar bei 6000 Mikrogramm, in den USA noch mehr, 9500 Mikrogramm. Sind die Schweizer deshalb ungesünder dran? Ihre Lebenserwartung ist jedenfalls höher als unsere.

WELT: Wie kommt die EU zu diesen Grenzwerten?

Köhler: Die Politiker können nichts dafür, es liegt an den Gutachten ihrer Experten. Die haben wichtige Studien stark einseitig gedeutet, wie es ordentliche Wissenschaftler sicher nicht tun. So entstanden aus falschen Folgerungen unsinnige Grenzwerte. Es gibt zahlreiche Untersuchungen zu Menschen, die an stark befahrenen Straßen oder in Industriestädten mit besonders hoher Stickoxid- und Feinstaubbelastung wohnen.

Der methodische Fehler solcher Untersuchungen ist offensichtlich: Menschen in diesen Wohngegenden leben oft anders als die in den Grüngürteln. Sie rauchen mehr, trinken mehr Alkohol, treiben weniger Sport oder nehmen ihre Medikamente weniger zuverlässig ein. Das alles wirkt sich auf die Lebenserwartung aus. Bei derart starken Einflussfaktoren ist es unmöglich, auch mit Fragebögen, die gemessene Wirkung von Feinstaub oder Stickoxid zu messen oder irgendwie gesondert herauszurechnen.

WELT: Das Umweltbundesamt nennt genaue Größenordnungen. Es sollen 800.000 Neuerkrankungen als Folge des Stickoxidausstoßes sein. Jährlich stürben 6000 Menschen vorzeitig. Irren sich die Beamten?

Köhler: Ja, weil sie sich auf diese Studien verlassen und weil sie außerdem die Tücken der Statistik nicht erkennen. So kommen die wichtigsten Untersuchungen zu dem Schluss, dass die Lebenserwartung von Menschen, die in der Nähe von höherem Feinstaubausstoß wohnen, um etwa ein Prozent sinkt. Beim Stickoxid wären das ein paar Stunden, die man früher sterben würde. Das sieht ganz nach einer Stickoxidhysterie aus.

WELT: Wollen Sie damit sagen, dass Gegenden mit besonders reiner Luft nicht gesünder sind für die Atemwege? Ihre eigene Lungenklinik lag in einem Luftkurort.

Köhler: Luftkurorte können Asthmatikern und Stauballergikern kurzzeitig Linderung verschaffen. Patienten beispielsweise, die auf dem Land wohnen und dem Pollenflug ausweichen möchten oder dem Heustaub. Die sind etwa in Bergkliniken gut aufgehoben, weil in der Höhe die Luft reiner ist. Oder in einer Höhle, dort sind durch das tropfende Wasser und den geringen Zug kaum reizende Partikel in der Luft. Die Asthmatiker fühlen sich nachweislich nach vier Stunden besser. Aber das ist nur vorübergehend. Ich habe meine Patienten deshalb nie in solche künstlichen Orte geschickt, man muss das Problem dort lösen, wo die Menschen leben.

WELT: Und wenn das an einer viel befahrenen Straße ist? Zum Beispiel an der A40 in Essen. Dort steht ein Teilstück möglicherweise vor der Sperrung.

Köhler: Es gibt Untersuchungen, wonach die Lebenserwartung an feinstaubbelasteten Straßen in Prag oder Sevilla höher ist als in Grüngürteln. Aber auch das sagt nichts aus. Dennoch werden solche Details meist verschwiegen, weil sie nicht zur Beweisführung passen. Eine der ersten Studien von 1993 hatte sich eindeutig angehört. Damals wurden beispielsweise sechs Städte mit unterschiedlicher Staubbelastung verglichen – dreckige mit viel Industrie und saubere. Dabei stellte man fest, dass die Todesrate mit der Staubbelastung eng korrelierte.

Allerdings trat man vor 40 Jahren im Ruhrgebiet auf die Straße und der Hemdkragen war nach kurzer Zeit geschwärzt. Ich habe dann in den Originaldaten dieser Studien nachgesehen und festgestellt, dass die Mortalität nicht nur mit der Industriedichte und der Staubbelastung zusammenhing, sondern auch mit dem früheren Rauchverhalten der Studienteilnehmer. Das heißt: In den Industriestädten rauchen die Leute mehr. Vermutlich war das ein Hauptgrund für die erhöhte Mortalität, nicht der Staub. Aber es fehlte der Wille, diesen Zusammenhang zur Kenntnis zu nehmen, dass Feinstaubthema nahm Fahrt auf, mehr und mehr Behörden sprangen auf.

Die WHO, die EU, immer neue Arbeitsgruppen, die wiederum Forschungsgelder von über 200 Millionen Euro erhielten. Die Forscher hielten sich an dieselbe Methode: Sie verglichen eine staubbelastete Gegend mit einer schwächer belasteten, Hauptstraße versus Reihenhaussiedlung beispielsweise. Sie stießen dabei wieder auf ähnliche Unterschiede. Aber die nahmen ab, bis zum Schluss nur noch ein bis zwei Prozent Risikodifferenz feststellbar war. Das ist nichts ist im Vergleich zu anderen Risikofaktoren. Diese Experten hatten damals für Aufsehen in den Medien gesorgt, was wiederum Politiker und die EU zum Handeln zwang.

Aus irrigen Grenzwerten wurden Verordnungen und Gesetze, und die führen jetzt zu Fahrverboten. Die gehen auf den Verein Umwelthilfe zurück, der auf das schlitzohrige Geschäft mit Abmahnungen spezialisiert ist. Es macht sich auch nicht gut, wenn Toyota zu den Sponsoren der Umwelthilfe zählt. Toyota ist stolz darauf, sich vom Diesel verabschiedet zu haben.

WELT: Was muss passieren?

Köhler: Wenn ein Gericht die A40 in Essen tatsächlich sperren sollte, bliebe nichts anderes übrig, als die Grenzwerte EU-weit neu zu bewerten. Die Studien sind in Ordnung, ihre Auslegung ist es nicht.

WELT: Wie erklären Sie sich die ungewöhnlich vielen Lungenkranken in der DDR?

Köhler: Es waren kaum mehr als bei uns, und vor allem gab es deutlich weniger Asthmafälle als in Westdeutschland. Asthma entsteht unter anderem durch eine saubere Umwelt. Wenn Kinder auf dem Bauernhof mit vielen Bakterien und Pilzen aufwachsen, bekommen sie praktisch kein Asthma. Dagegen haben wir heute viel mehr Virenerkrankungen als früher, weil die Leute mehr reisen. Die Zahlen von Asthma und vor allem von immunologische n Darmerkrankungen sind explodiert. In der DDR gab es wegen der Braunkohle mehr chronische Bronchitis, hervorgerufen besonders durch Schwefeldioxid. Das ist heute durch die Entschwefelung beseitigt. Aber wenn die Leute rauchen, überlagert das alles. Wir haben jetzt eine so saubere Luft wie nie zuvor. Das Paradox ist: Gerade jetzt fangen wir an, über Probleme zu reden, die wir nicht mehr haben.

WELT: Viele der Studien zu Stickoxiden sind in renommierten Fachmagazinen erschienen.

Köhler: Ja, das geht hoch bis „Nature“. Trotzdem sind die Studien unbrauchbar. Die Expertengruppen sind relativ klein und schieben sich gegenseitig die Forschungsgelder zu. Man kann von einem Systemfehler sprechen. Für die Forscher gibt es nur ein Ziel: den Nachweis, dass Feinstaub und Stickoxide gefährlich sind. Alles andere hat kaum eine Chance, publiziert zu werden.

Leserkommentare:

Freya Gedanke:
Solange in der öffentlichen Debatte Leute den Ton angeben, die 30 Semester Sozialpädagogik oder Ausdruckstanz studiert haben, wird sich an diesem Wahnsinn nichts ändern. Und die Bürger schlucken brav alles und werfen ihren 4 Jahre alten Wagen auf den Schrott, kaufen einen Neuwagen und freuen sich wie die Schnäppchenkönige, wenn sie den schon immer gewährten Hausrabatt als „Umweltprämie“ mitnehmen. So eine Verarschung funktioniert in keinem anderen Land der Welt; jede Wette!

Hartmut R.:
Solange die grüne Ersatzreligion größtenteils unwidersprochen den Diskurs bestimmt, solange willkürlich festgelegte Höchstgrenzen untermauert werden mit zweifelhaften Studien und Meßstationen an nachweislich falsch gewählten Standorten Daten liefern, die von bezweifelbaren Institutionen wie der DUH begierig aufgenommen und juristisch „verarbeitet“ werden, solange wird am Niedergang des Kerns der deutschen Industrie gearbeitet werden. Es wird Zeit, daß Ideologien und inbrünstig vorgetragene Dogmen (die verpfuschte Energiewende läßt grüßen) endlich einer nüchternen, an der Realität orientierten Sichtweise Platz machen.

Fred Meier:
Wow, das ist ja ein dicker Hund. Dieser Arzt will den Grünen die Lebensgrundlage entziehen. Über den guten Mann werden sich viele Kübel von Gülle ergiessen, also ein richtiger shit storm.

t.max:
Wann nur geht uns Deutschen ein Lichtlein auf, dass wir von gewissen linksgerichteten Kreisen und Institutionen manipuliert und geleitet werden? Herr Professor Köhler hat schon seit geraumer Zeit seine Forschungen in den Medien (Stern TV) dargelegt. Niemand hat bis heute auf diese explosive These reagiert oder thematisiert. Anstatt den Diesel zu rehabilitieren und die Entwicklung voranzutreiben geht man geradewegs den Weg ins Verderben mit E-Mobilen. Einer absolut desaströsen Ideologie bezüglich der endlichen Ressourcen, (Metalle,seltene Erden etc.) und der Elektrizitätsgewinnung. Aber die Grünen werden uns sicherlich auf den richtigen Weg führen.. Freuen wir uns auf die „grüne Welle“!

NessumDorma:
Was Politiker, hier insbesondere Grüne, glauben wollen, glauben sie unverrückbar oder haben nur Schiss, als Meinungsabweichler vor den anderen dazustehen. Schön im Meinungsstrom mitschwimmen, das bringt keinen Ärger, gegen den Strom zu schwimmen kostet dagegen viel Kraft und erfordert u.a. ein starkes Rückgrat. Die Grünen sind für die Argumente von Prof. Köhler nicht mehr erreichbar und einem absolutistischem Glauben verhaftet, sektengleich. Von der CDU/CSU hätte ich dagegen mehr Sachverstand erwartet und eine Offenheit für Argumente, die einem zunächst nicht in den Kram passen. Man muss auch Meinungen oder gar Überzeugungen revidieren können. Daran hapert es leider auch bei führenden Teilen der Union, siehe auch das Thema zum Migrationspakt.