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Angstfrei kommunizieren

Unter Kommunikation wird gemeinhin der verbale Austausch von Informationen, Neuigkeiten mit mehr oder weniger interessanten Inhalten verstanden. Sofern diese Kommunikation in einer allen Teilnehmern gleichermaßen vertrauten Sprache und mit beiderseits verständlichen Worten geführt wird, kann diese Kommunikation sachlich und problemarm erfolgen. Problematisch wird das Ganze aber, wenn diese Kommunikation mit emotionalen Inhalten durchsetzt ist und die Gesprächsteilnehmer neben der sachlichen Information auch gleich noch ihre eigene Meinung und Bewertung transportieren und diese dem Gesprächspartner mehr oder weniger geschickt aufzudrängen versuchen. Dann nämlich wird aus einer neutral-sachlichen Kommunikation schnell eine Diskussion, bei der es eben nicht mehr nur um die Vermittlung sachlicher Inhalte geht, sondern mit den Mitteln der Überredung oder Überzeugung gearbeitet wird.

Und hier beginnen die Probleme, denn verständlicherweise löst dies bei den Gesprächspartnern das Bedürfnis aus, den eigenen Standpunkt als den mit Abstand richtigeren zu verteidigen.

Je nach Temperament werden dann die jeweiligen Argumente des Gegenübers mit nonverbalen Mitteln begleitet, die der Andere natürlich unmittelbar aufnimmt und seinerseits zu kontern versucht. Aus einer Diskussion wird dann sehr schnell ein Streitgespräch oder besser: ein rhetorischer Schlagabtausch, ein Duell mit der Waffe des Wortes.

Plötzlich werden Worte auf die Goldwaage gelegt, man unterbricht sich gegenseitig und zeiht den Anderen bestenfalls des mangelnden Verstehens, fehlender Erfahrung oder fachlicher Kompetenz oder gleitet mehr oder weniger schnell in die Niederungen gegenseitiger Beleidigungen ab.

Gerade Menschen mit geringem Selbstwertgefühl tendieren dazu, Wissen als (rhetorische) Waffe zu verwenden, alles persönlich zu nehmen, sich schnell angegriffen zu fühlen und daraufhin heftig oder sogar ausfallend zu werden.

Zumeist sind derartige Formen der Kommunikation aber bereits im Vorfeld belastet, wenn sich die Kontrahenten nämlich bereits zuvor unterschiedlicher Ansichten und Meinungen bewußt sind und deshalb in die Kommunikation mit der Erwartungshaltung gehen, im Anderen einen Feind sehen zu müssen, den es verbal zu besiegen gilt. Deshalb schmieden die Gesprächspartner bereits im Vorfeld Pläne und überlegen, mit welcher Argumentation sie den vermuteten Ansichten des Gesprächspartners begegnen wollen, um ihn von der Richtigkeit der eigenen Ansicht zu überzeugen und ihre Ideen, Gedanken und Überzeugungen durchzusetzen. Dazu kramen sie eilfertig im Fundus komplizierter Zusammenhänge, die zum Teil mit der Thematik der kontroversen Kommunikation überhaupt nichts zu tun haben, und versuchen gezielt, den Kontrahenten fehlender Sach- und Fachkenntnis zu überführen – sie wollen Recht haben. Jedes Gegenargument ist für sie eine persönliche Infragestellung, die ihr ohnehin lädiertes Selbstbild unterminiert und schwächt.

Und noch ein weiteres Moment kann die Kommunikation belasten – wenn nämlich Unterschiede in der Hierarchie (Eltern gegenüber Kindern, Ältere gegenüber Jüngeren, Vorgesetzte gegenüber Untergebenen) von vornherein eine Art Rangunterschied zementieren, auf die sich die Kontrahenten zurückziehen, bzw. gedrängt werden. Dabei schöpft jeder der am Streitgespräch Beteiligten aus dem Fundus seiner Erfahrungen und scheut sich auch nicht, auf ähnliche Erfahrungen an anderer Stelle zu verweisen, um die eigene Argumentation zu erhärten.

Zumeist ist den an einem Streitgespräch Beteiligten gar nicht klar, daß in solchen Gesprächen die große Gefahr besteht, daß die eigentlichen sachlichen Gesprächsinhalte sehr schnell an Bedeutung verlieren und die eigenen emotionalen Befindlichkeiten die Überhand gewinnen, wodurch das Ziel der Kommunikation zunehmend aus dem Fokus gerät oder sogar völlig nebensächlich wird. Man trennt sich im Streit und mitunter verhärten sich die Fronten dermaßen, daß auch jahrelange Beziehungen einen nicht mehr zu kittenden Bruch erleben, wobei selbstredend jeder die Schuld für das Scheitern des Gesprächs tunlichst dem Anderen in die Schuhe schiebt und den eigenen guten Willen zur Lösung eines Problems mißachtet sieht. Eigene Interpretationen, Projektionen und vor allem Bewertungen (Kritik, Schuldzuweisungen) gewinnen dann die Oberhand und lassen das eigentliche Thema im rhetorischen Nirwana verschwinden.

Warum kommt es zu derartigen Streitgesprächen, die dann selbst unter ansonsten vernünftigen Menschen so schnell völlig außer Kontrolle geraten?

Nun, wir alle wollen akzeptiert werden, unsere Meinung soll etwas zählen. Dementsprechend fürchten wir Widerspruch und Nicht-Akzeptanz, die wir zumeist als persönliche Zurückweisung, Infragestellung und Mißachtung empfinden. Wir wähnen uns im Recht, pochen auf den Wert der eigenen Meinung und versuchen, diese mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen, um eine „Niederlage“, die wir als Minderung unseres Selbstwertgefühls interpretieren müßten, zu vermeiden.

Das Problem ist nur, daß es unserem Gegenüber nicht anders geht. Dementsprechend greift jeder der Kontrahenten ins persönliche „Waffenarsenal“ – Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit, unhöfliches Unterbrechen, Verlächerlichung der Argumente der Gegenseite, höhere Stimmlage, mitunter auch Vorwürfe und letztlich körpersprachliche oder verbale Drohgebärden.

Wie wenig zielführend und zweckdienlich eine derartige Unterhaltung ist, kennt jeder aus eigener Erfahrung.

Wie kann man nun vermeiden, in derartige emotionale Fallen zu geraten und dem drohenden Abrutschen in eine beiderseits angstbeladene Kommunikation entgehen?

1. Die Sechs-Sekunden-Regel:

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