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Demokratie – Eine kritische Analyse

von Rahim Taghizadegan (Institut für Wertewirtschaft)


Inhalt
Begriffsklärung
Die klassische Demokratie
Leben wir in einer Demokratie?
Kritik der Demokratie
Die moderne Demokratie
Die amerikanische Demokratie
Der Status quo
Demokratie als Ersatzreligion

Begriffsklärung

Die Sprache verändert sich zwar, doch bleiben uns in Wörtern alte Formen viel länger erhalten als in einer schnellebigen Zeit alte Inhalte überleben. Um zu ursprünglichen Inhalten vorzustoßen, die eine Begriffsklärung erlauben, ist daher stets die Wortherkunft aufschlußreich. Demokratie kommt offensichtlich vom griechischen demos und kratein. Letzteres Wort bedeutet „herrschen“, und dies ist schon ein sehr schwieriges Wort, zumal das Griechische mit archein ein zweites Wort mit derselben deutschen Übersetzung aber einer anderen Betonung anbietet. Viel größere, und für unsere Untersuchung wesentlichere Probleme wirft der Begriff demos auf – heute wird er meist mit „Volk“ übersetzt. Dies ist jedoch nicht ganz richtig und leitet beträchtlich in die Irre – genau jene Verwirrung nützen totalitäre „Volksrepubliken“.

Demos bezeichnete bei den alten Griechen ursprünglich ein Dorf. Auch später galt die „Deme“ als kleinste Verwaltungseinheit und zugleich primärer Identitätsbezug der Bürger. Demokratie bezeichnete also eigentlich die Selbstverwaltung der kleinsten Einheiten. Heute ist dieser Bezug in Vergessenheit geraten und man assoziiert eher die scheinbar den Griechen nachempfundene Gemeinverwaltung damit – die Beteiligung der Bürger an ihrer Regierung. Das ist in mehrfacher Hinsicht ein Irrtum, wie wir zeigen werden.

Zunächst bezog sich die Antike, wenn sie den Begriff Demokratie positiv verwendete, niemals bloß auf die Beteiligung an der Regierung, es ging um deren Ausübung – um Selbstregierung durch Bürger. Dieser „Bürger“ darf wieder nicht mit dem heutigen Wortgebrauch verwechselt werden. Als „Bürger“ gilt uns heute jeder Staatsuntertan. In der Antike meinte man das genaue Gegenteil: nur jene kleine Minderheit, die keine Untertanen, sondern Freie waren, sind als Organe des Demos gemeint und angesprochen. Die überwiegende Mehrheit war von jeder Regierungstätigkeit ausgeschlossen.

Man muß sich daran erinnern, daß auch das Wort „Volk“ einen ähnlichen Wandel durchgemacht hat. Ursprünglich war der Begriff Synonym für „Armee“ gebraucht und bezeichnete eine Gruppierung wehrfähiger Männer. Diese Wehrfähigkeit implizierte, daß sie als Freie Waffen tragen durften. Unfreie erkannte man stets daran, daß ihnen das Tragen von Waffen untersagt war oder engen obrigkeitlichen Beschränkungen unterlag. Diesen Sprachgebrauch finden wir schon bei den Römern: auch dort bezeichnet populus ursprünglich keinesfalls die Gesamtbevölkerung, sondern den Wehrstand. SPQR auf den Standarten weist also auf die Einheit von Senat und Heer hin.

Ebenso ist die Herrschaft der griechischen Deme nach heutigen Maßstäben als aristokratisch zu bezeichnen. Nach verschiedenen Schätzungen galten bloß 5 bis maximal 15 Prozent der Bevölkerung als Bürger. Vergleichen wir damit den Umstand, daß die Szlachta, die Aristokratie in der alten Adelsrepublik Polen, 7 Prozent der Bevölkerung umfaßte. Bei den Griechen hätte man auch nicht von Stimmberechtigten gesprochen, denn Wahlen galten eher als „undemokratisch“. Demokratisch war die abwechselnde direkte Beteiligung an den Regierungsaufgaben.

Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine bestimmte Idealvorstellung von der guten Regierung der Deme, deren Bereich mit dem Adjektiv demosios abgegrenzt wurde.

Die Strukturierung dieses Bereichs ist für die Begriffsklärung wesentlich. Dem öffentlichen Bereich stand der Privatbereich gegenüber. Neben öffentlichen Angelegenheiten, die demosios waren, bezeichnete man die privaten Angelegenheiten, wie häusliche und berufliche Tätigkeit, mit dem Begriff idios. Im Zuge der moralischen Idealisierung des öffentlichen Lebens, entwickelte sich so zunehmend eine negative Assoziation privater Tätigkeit, die uns im deutschen Wort Idiot erhalten geblieben ist. Der Idiot muß die ganze Zeit im „Job“ und im Haus schuften, für öffentliches Engagement fehlt ihm Zeit, Muße und Geist.

Diese einseitige Überbetonung wird verständlich, wenn wir berücksichtigen, daß in der Antike der Haushalt, der oikos, als heilige Lebensgrundlage galt, jedoch erst die Polis, das gerechte Gemeinwesen, das gute Leben über das bloß Materielle hinaus ermöglichte. Teilhabe an diesem Bereich des demosios war unabdingbar für dieses gute Leben, wer sich nur in den eigenen oikos zurückzog, dem entgingen wesentliche Möglichkeiten, Gutes zu tun.

Bei den alten Römern finden wir dieselbe begriffliche Trennung in:   [….]