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Moderne Hexenjagd

Vom 12. bis ins 20. Jahrhundert wurden, wann immer es um die Wirtschaft schlecht stand, unter Menschen oder in Viehbeständen Seuchen ausbrachen oder sonstige Unbill großflächige Ausmaße annahm, die Juden verantwortlich gemacht, angeklagt und im günstigsten Fall ausgegrenzt oder verjagt, nicht selten aber auch enteignet oder für vogelfrei erklärt.

Über die Hexenverfolgung vom 15. bis ins 19. Jhdt, die Bartholomäusnacht am 24.8.1572, die Genozide an Indianern und Kurden, Armeniern und Zigeunern – jeweils die Bösen und Schuldigen – lernten wir Bruchstückhaftes in der Schule, und gelegentlich schwemmen die Medien diese Themen hoch, aber einer nachhaltigen Konfrontation gehen wir zumeist bequem aus dem Wege.

Nur so ist wohl zu verstehen, warum wir der Phänomenologie moderner Ausgrenzung – dient sie zur Rechtfertigung von Kriegen oder der Verabschiedung neuer Gesetze, einer weiteren Eingrenzung der individuellen Freiheit oder der politischen Schuldabwälzung – so neglegent duldsam beiwohnen.

Mit welchen Halbwahrheiten oder handfesten Lügen uns Bush und Blair, Eichel oder Schröder             – vorher waren es eben Kohl und Blüm – hinters Licht führen, welch schreienden Unsinn uns Parteien, Politiker und Gewerkschafts“eliten“ um die Ohren schlagen – wir nehmen’s brav zur Kenntnis, grollen allenfalls leise oder an Stammtischen; gewähren lassen wir sie allemal.

Wenn Mephisto Müntefering nun auf kapitalistische „Heuschrecken“ eindrischt und Unternehmen wie Unternehmer – den Unterschied kapiert der Salonsozialist in diesem Leben ohnehin nicht mehr – gleichermaßen mangelnder Sozialität zeiht, naiv-kindlich über Wirtschaft doziert und den Art.14 des Grundgesetzes anmahnt, verdreht er dabei in dreistdümmlicher Weise jegliche Realität – ungestraft und von der ideologisch betäubten Masse bejubelt, statt daß ihm jemand nach guter Väter Sitte gemäß Luthers Geheiß „das Maul mit Seife auswäscht“.

Nicht ‚die Wirtschaft’, verehrter Pseudo-Philosoph, hat soziale Verantwortung zu übernehmen, sondern ‚der Mensch’ – generell, genetisch und instinktuell determiniert. Nur kann und wird er das nur und in dem Maße tun, wie es ihm nicht ideologisch verkleistert abdressiert oder gesetzlich untersagt wird.

Im natürlichen Verhalten des Menschen finden wir all das, an was es unserer modernen Gesellschaft zu mangeln scheint: Hilfsbereitschaft und Engagement, Ideen und Ideale, Kreativität und Ehrgeiz, Fleiß und Lebensfreude. Es ist der Wust an Gesetzen und Verordnungen, Bestimmungen und Vorschriften, die jegliche Aktivität dämpft und potentiell gar unter Strafe stellt.

  • Will ich einem leistungsbereiten Gesellen die Meisterschule bezahlen, weil er das Geld dafür nicht hat, kostet dies den jungen Menschen Schenkungsteuer;
  • möchte ich nicht mit Angestellten, sondern nur mit selbständig denkenden Menschen einen Betrieb aufziehen, winkt der „soziale“ Gralshüter Staat mit dem ‚Scheinselbständig-keitsgesetz’, schreibt Arbeitszeiten und -normen vor, prüft die Fläche der Betriebstoilette und erklärt sich zum Alleinverantwortlichen für die Krankheits-, Unfall- und Altersvorsorge meiner (allsamt volljährigen) Partner;
  • wie soll in der Bipolarität von ‚Ich-AG’ und ‚Scheinselbständigkeitsgesetz’ ein gefährlich abgeschmolzener Mittelstand wieder erstarken?

Stichwort: ‚Entsendegesetz’! Intelligenten Politikern wäre längst vor der gehetzten Hereinnahme weiterer 10 Mitgliedsstaaten in den EU-Traum klar gewesen, daß insbesondere auf Deutschland ein Heer von Billiglohnanbietern zukommen würde. Jetzt wird hektisch geschrieen und gesetzlich „zwangsgewirtschaftet“ – von den gleichen Dilettanten, die vorher auf die Erweiterung der EU gedrängt und uns nun undemokratisch-entmündigend „verfaßt“ haben.

Übrigens: Es gibt bereits drei Wege, diesen „Entsende-Unsinn“ völlig legal zu umgehen!

Wie sozial ist eigentlich eine Gesellschaft, die in „Volltrottel“ (Arbeiter), „Halbidioten“ (Angestellte), „Edelkomparsen“ des modernen Adels (Beamte) und latent der Asozialität Verdächtige (Selbständige und Freiberufler) unterteilt?

Mit welchem Recht fordert ein Staat Abs. 2 des Art. 14 GG („Sozialverpflichtung des Eigentums“) ein, wenn er selbst in inzwischen unerträglichem Maße den grundgesetzlich garantierten „Schutz des Eigentums“ nach Abs. 2 des gleichen Artikels verletzt?

Was macht der gute Münti denn mit ausländischen Investoren, die heute noch in Deutschland – direkt oder per Fondsanlage – investieren? Will er die auch noch in seine Schelte einbeziehen und außer Landes scheuchen?

Wo längst globale Kapitalverflechtungen und -ströme wirken, versuchen unsere national begrenzten Politiker in vorgestriger Ideologieverbohrtheit zu begrenzen, wo von Erweiterung geschwärmt wird. Es gibt im heutigen Europa keine nationale Eindeutigkeit mehr – weder fiskal- und wirtschafts-, noch sozialpolitisch. Vielmehr gilt es, Staat und Gesellschaft auf die längst begonnene pannationale Mehrdeutigkeit hin zu transformieren. Im Rahmen dieses Metawandels ist kein Raum für sozialnationale Egozentriertheit. Nur, dieser Einsicht versperren sich systemisch verbackene Parteien, denen jedweder schematisch-kreativ-offene Blick fehlt – zum Schaden derer, die sich von ihnen treudoof-naiv entmündigen lassen.

Nein, Ihr wirtschaftspolitische Toren und realiter asoziale Gralshüter gestriger Ideologieverbohrtheit, an Euerer Forschungs- und Technikfeindlichkeit, weltfremder Entmündigungsmanie und beratungs-resistenter, neurotisch-etatistischer Wirtschaftspolitik wird weder das soziale Mitgefühl innerhalb einer zunehmend ignoranten Gesellschaft, noch der Wirtschaftsstandort Deutschland genesen und auch das Heer der Arbeitslosen nicht nachhaltig abgebaut werden, da kreative Selbständige zunehmend weniger Lust verspüren (oder den Mut aufbringen), sich mit Euch anzulegen. Es muß ja nicht Deutschland sein …

Um ein Kilo Gehacktes einem Kunden über den Tresen zu reichen, bedarf es heute in Deutschland einer dreijährigen Fachausbildung (nebst Prüfung vor einer Zwangskammer). Hingegen kann jeder im System nach oben geschwemmter Dilettant ohne die mindesten fachlichen Voraussetzungen als Politiker Gesetze erlassen, Entscheidungen fällen, gar Minister spielen (oder Bundeskanzler) – um als unangemessen hoch alimentierter Pensionist irgendwann (vielleicht) einzusehen, welchen Wahnsinn er während seiner Karriere in der „Elite“ verbrochen hat.

Das wirklich Unsoziale in diesem Lande sind nicht (oftmals überbezahlte) Manager – etliche Heroen aus Sport und Entertainment kassieren weit mehr als die Ackermänner der Konzerne –, nicht die Fondsinvestoren, Selbständige und Immobilienbesitzer, sondern die Politiker, die zu allem bereit, aber zu nichts zu gebrauchen sind; die sich in schreiender Inkompetenz aber mit verbissener Regelungswut als ideologisch verkleisterte Bremser einer kreativen und wettbewerbsbereiten Minderheit permanent in den Weg stellen – mit schweigender Duldung einer apathischen Mehrheit, die sich um nichts mehr selbst kümmern zu müssen glaubt. Nennt man das dann ‚parlamentarische Demokratie’?

H.-W. Graf